Schnelles Internet für jeden – Noch schneller dank digitalem Breitbandantrag. Eine Case Study.
Jede Verlegung von Telekommunikationsleitungen im öffentlichen Grund muss von den zuständigen Behörden genehmigt werden – das Antrags- und Genehmigungsverfahren ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Gigabitgesellschaft. Die Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz setzen federführend ein gemeinsames Projekt zur Digitalisierung des Antrags für den Breitbandausbau um. Das sogenannte Breitbandportal ist in acht Städten und Gemeinden im Pilotbetrieb und soll die teils langwierige Antragstellung und -bearbeitung vereinfachen und beschleunigen.
Moderne Verwaltung im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes
Im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sollen bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen für Bürger*innen und Unternehmen auch in digitaler Form bereitgestellt werden. Diese knapp 600 sogenannten OZG-Leistungen aus 14 verschiedenen Themenfeldern sollen zu einem bundesweiten Portalverbund zusammengeführt werden. Einige Leistungen werden nach dem „Einer für alle“-Prinzip digitalisiert und in nachnutzungsinteressierten Bundesländern ausgerollt.
Um die genauen Anforderungen an die digitale Umsetzung hoch priorisierter OZG-Leistungen zu untersuchen, wurden sogenannte „Digitalisierungslabore“ eingerichtet. Dort wurde mithilfe agiler Arbeitsweisen und in Zusammenarbeit mit verschiedenen Nutzergruppen ein Konzeptpaket erarbeitet, das nun als Ausgangspunkt für die technische Implementierung dient. Das Konzept selbst besteht dabei aus einem Klick-Prototypen, standardisierten Informationen zu Datenfeldern, Prozessen und angebotenen Verwaltungsleistungen der Anwendung sowie einem Umsetzungsplan für die Referenzimplementierung.
Der Weg zum digitalen Breitbandantrag
Eine der Verwaltungsleistungen, die mit höchster Priorität digitalisiert wurde, ist der Antrag für die Genehmigung zur Leitungsverlegung nach § 127 Abs. 1, 3, 6, und 7 TKG n.F. Dabei handelt es sich um die beim Glasfaserausbau am häufigsten genutzte Antragsart – Netzbetreiber müssen sich vor dem Verlegen von Leitungen im öffentlichen Grund die Nutzungsrechte bei den Wegebaulastträgern einholen. Derzeit vergehen von der Antragsstellung bis zur endgültigen Genehmigung bis zu vier Monate. Gründe für die lange Bearbeitungszeit liegen zum einen bei der noch nicht vorhandenen Vereinheitlichung – Antragssteller sehen sich auf kommunaler und Länderebene rund 12.000 verschiedenen Behörden mit teils unterschiedlichen Formularen und Anforderungen gegenüber. Zum anderen bemängeln Wegebaulastträger häufig unvollständige und qualitativ unbefriedigende Anträge, durch die sich lange Rückfrageschleifen ergeben. Ziel des digitalen Bauantrags ist es daher, die Antragstellung und -bearbeitung durch möglichst standardisierte und medienbruchfreie Prozesse zu erleichtern, die dennoch den Erfordernissen der Kommunen entsprechen, um damit die einzelnen Verfahren und somit den gesamten Breitbandausbau in Deutschland zu beschleunigen.
Mit Beginn der Implementierung Anfang 2020 übernahm die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH (MRN), eine teils in kommunaler Hand befindliche Gesellschaft zur Förderung der Regionalentwicklung im Dreiländereck Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg, die Leitung des Projekts im Auftrag des Landes Rheinland-Pfalz. Sie besitzt besondere Expertise im Bereich E-Government und übernimmt eine vermittelnde Rolle zwischen der Länderebene, den Kommunen, dem IT-Dienstleister und weiteren Stakeholdern.
Die MRN ist in der Region gut vernetzt und wählte – mit Unterstützung der Breitbandkompetenzzentren – Kommunen für die Pilotphase des Projekts aus. Die technische Umsetzung verantwortet die ekom21 – Kommunales Gebietsrechenzentrum Hessen K.d.ö.R (ekom21) im Auftrag des Landes Hessen. Schon im Anfangsstadium der Software-Entwicklung wurden die nebenstehend dargestellten Pilotkommunen sowie spätere Antragsteller (TK-Unternehmen) in den Prozess einbezogen, um Feedback für den Projektfortschritt einzuholen.
Ziel der Projektbeteiligten war es, neben der Antragstellung auch den Verwaltungsprozess der Antragsbearbeitung zu digitalisieren. Hierfür mussten beispielsweise Weiterleitungen an beteiligte Ämter und Mitarbeiter*innen, Wiedervorlagen und die geltenden Verwaltungsvorschriften in eine schlüssige Prozesskette gebracht werden, um Schnittstellen, Rollen und Schrittabfolgen digital abbilden zu können. Damit geht das Umsetzungsprojekt über die Anforderungen des OZG hinaus, das lediglich fordert, dass Verwaltungsleistungen grundsätzlich für Nutzer*innen digital anzubieten sind und den digitalen Bescheid zuzustellen, nicht aber die Antragsbearbeitung selbst auch digital erfolgen muss. Zur Vorbereitung der Implementierung wurden eigens Arbeitskreise mit den Kommunen und antragstellenden Unternehmen eingerichtet und bei regelmäßigen Terminen im Rahmen von Workshops und Interviews die genauen Prozessanforderungen erhoben. Gemeinsam konnte ein standardisierter Prozess abgeleitet werden, der den Anforderungen der Kommunen gerecht wird. Dieser wurde in iterativen Schritten implementiert, sodass auch die Bearbeitung der Anträge seitens der Behörde über das Breitband-Portal möglich ist.
Antragsstellende Netzbetreiber können im Rahmen des digitalen Breitbandantrages Details und Hinweise zur geplanten Trasse angeben
Der digitale Antrag ist bereits in acht Pilotkommunen in Hessen und Rheinland-Pfalz im Einsatz. In dem Online-Portal wird es den Netzbetreibern durch vereinheitlichte und strukturierte Schritte leichter gemacht, diejenigen Informationen und Angaben zum geplanten Bauvorhaben zu machen, die die Wegebaulastträger für die Bearbeitung des Antrages benötigen. Neben allgemeinen Ortsangaben können so in einer webbasierten GIS-Karte der Leitungsverlauf und weitere Elemente des Bauvorhabens (Verteilkasten, Leerrohre, Schächte, Montagegruben) sowie weitere Hinweise eingetragen werden. Die Kommunikation zwischen antragsstellendem Netzbetreiber und antragsbearbeitendem Wegebaulastträger (u. a. Rückfragen und deren Beantwortung, Stellungnahmen, Anforderung weiterer antragsrelevanter Dokumente) können über die Online-Plattform ebenso abgewickelt werden wie die finale Erteilung und Übermittlung des Genehmigungs- oder Ablehnungsbescheids.
Das Portal wird fortlaufend weiterentwickelt und durch zusätzliche Funktionen ergänzt
Langfristig sollen auch weitere Antragsarten, die im Zusammenhang mit dem Breitbandantrag notwendig sein können, mit dem Portal verknüpft werden. Beispielsweise natur- oder denkmalschutzrechtliche Genehmigungen und Stellungnahmen hinsichtlich Kampfmittelbelastungen werden bereits in anderen OZG-Projekten digitalisiert und können möglicherweise in das Portal integriert werden. Zurzeit läuft im Rahmen des Projekts die Umsetzung von digitalen Anträgen zur Erteilung einer verkehrsrechtlichen Anordnung und einer Aufgrabe-/Aufbruchgenehmigung. Ob diese Anträge als Teil des Breitband-Portals oder separat davon angeboten werden, ist noch nicht festgelegt.
Neben den genannten weiteren Antragsarten ist auch die Integration von zum Beispiel Kataster- und Liegenschaftskarten sowie eine Schnittstelle zu proprietärer Fachsoftware von Telekommunikationsunternehmen und Verwaltungen, mit der komplexere Anträge abgebildet werden können, geplant. Bis zur Fertigstellung technischer Workflows mit anderen Behörden erleichtert das Online-Portal über den automatischen Versand von Emails die Kommunikation zwischen den beteiligten Ämtern; beispielsweise dann, wenn Stellungnahmen eingeholt werden müssen.
Der digitale Breitbandantrag vereinfacht und beschleunigt den Antragsprozess, erhöht die Antragsqualität und erleichtert die Kommunikation
Durch den digitalen Breitbandantrag wird die Antragsstellung vereinheitlicht. Informationsmöglichkeiten für Antragssteller zu den Verfahrensanforderungen und einzureichenden Dokumenten sowie die Bereitstellung eines auf Geodaten basierenden Auskunftsportals zur Einbeziehung in die Leitungsplanung gewährleisten eine höhere Qualität der Anträge und verkürzen somit die Bearbeitungszeiten. Antragsstellenden Netzbetreibern wird es so einfacher gemacht, Informationen über geplante Trassen anzugeben. Antragsbearbeitende Wegebaulastträger erhalten einen Überblick zu den Angaben der Netzbetreiber, durch Rückfrage- und Anforderungsmöglichkeiten läuft die Kommunikation zentral über das Portal ab.
Fazit
Bereits jetzt ist in den acht Pilotkommunen in Hessen und Rheinland-Pfalz die digitale Antragstellung nach § 127 Abs. 1, 3, 6 und 7 TKG (ehem. § 68 Abs. 3 TKG), dem am häufigsten genutzten Antrag beim Glasfaserausbau, möglich. Das Breitband-Portal soll 2022 in Rheinland-Pfalz, Hessen und weiteren nachnutzungsinteressierten Bundesländern ausgerollt werden.