Digitalisierung vernetzt das städtische Leben: Neu-Isenburg auf dem Weg zur smarten Kommune.
Die Vernetzung aller Bereiche schreitet voran – zuhause sowie in der gesamten kommunalen Umgebung. Für die meisten Menschen gehören digitale Endgeräte und Dienstleistungen heutzutage zum Alltag. So macht sich auch die Stadt Neu-Isenburg in Hessen gemeinsam mit ihren rund 38.000 Bürgerinnen und Bürgern auf den Weg, das Leben in der Stadt mit Hilfe der Digitalisierung einfacher und nachhaltiger zu gestalten. Am ersten kommunalen Digital-Tag war das Gigabitbüro des Bundes zu Besuch in der hessischen Stadt, um mit den Akteuren vor Ort zu Konzepten, Nutzen, Chancen und Herausforderungen einer smarten Kommune zu sprechen.
In naher Zukunft sollen viele Lebensbereiche und Dienstleistungen in Neu-Isenburg vereinfacht und somit effizienter werden – die Stadt südlich von Frankfurt am Main wird „smart“. Mit Hilfe der Digitalisierung sollen verschiedene Bereiche der Stadt miteinander verzahnt werden: „Die smarte Stadt macht aus, dass dort moderne Technologien der unterschiedlichsten Bereiche – zum Beispiel Verwaltung, Mobilität und Infrastruktur – miteinander vernetzt sind und so die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner gesteigert wird.“ beschreibt Kirk Reineke, Geschäftsführer der Stadtwerke Neu-Isenburg, den Weg zur smarten Kommune, „Ein Hauptaugenmerk liegt dabei natürlich auf der Steigerung der Nachhaltigkeit.“
Der Begriff einer smarten Kommune, auch „Smart City“, beschreibt städtische oder regionale Entwicklungskonzepte, die dazu führen, dass Kommunen mit Hilfe von Digitalisierung und Technik lebenswerter, effizienter, fortschrittlicher und nachhaltiger werden. Die verschiedenen Teilbereiche der Stadt sollen dafür besser miteinander vernetzt werden. Öffentliche Daten spielen hierbei eine wichtige Rolle. Zusätzlich werden analoge Prozesse digitalisiert und damit vereinfacht.
Viele Kommunen und Regionen setzen heute schon Technik und Digitalisierung in den verschiedensten Projekten ein:
- Unterschiedliche urbane Mobilitätsangebote werden durch eine Mobilfunk-Applikation miteinander vernetzt und der Buchungs- und Reiseprozess so vereinfacht.
- Analoge Prozesse und Dokumente in der städtischen Verwaltung werden digitalisiert und Antragsstellende wie Mitarbeitende so entlastet.
- Umgebungslichtsensoren erkennen, wenn Personen unterwegs sind, und aktivieren automatisch die nächtliche Straßenbeleuchtung.
- Intelligente Mülleimer erkennen selbständig ihren Füllstand und signalisieren, wenn sie voll sind.
- Sensoren messen die Parkplatzauslastung, reduzieren so den Parksuchverkehr und damit einhergehende Schadstoffemissionen.
Mit 100 Projektideen in die Zukunft
In einer smarten Kommune geht es in der Regel nicht um ein zentrales Großprojekt; viele kleinere sowie größere Projekte, die durch unterschiedliche Personen- und Unternehmenskreise vorangetrieben und umgesetzt werden, sorgen für die intelligente Vernetzung und das Ineinandergreifen der Angebote der Stadt. Viele Städte oder ganze Regionen halten Konzepte und Projekte für unterschiedliche Lebensbereiche in einer übergeordneten Strategie fest, wie z.B. Neu-Isenburg: „Die Stadt Neu-Isenburg entwickelt derzeit eine Smart City-Strategie, in der wir acht Handlungsfelder identifiziert und über 100 Projektideen skizziert haben.“ beschreibt Andreas Frache, Neu-Isenburger Dezernent für Digitalisierung und Smart City, den zukünftigen Weg der hessischen Kommune.
Vernetzte Daten und Sensoren, die Daten in unterschiedlichen Bereichen erheben und diese an eine zentrale Datenplattform senden, dienen zukünftig als Grundlage für intelligente Anwendungen und Funktionen. So entstehen unter anderem vernetzte Mobilitätsangebote, die Innenstadt wird mit öffentlichem WLAN ausgestattet und städtische Verwaltungsprozesse werden digitalisiert.
Grundlage für die smarte Kommune ist eine moderne digitale Infrastruktur
Die Basis, um den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt digitale wie vernetzte Lösungen zu ermöglichen, wird durch eine moderne digitale Infrastruktur geschaffen: Öffentliche Gebäude wie Ämter und Schulen sind an das Glasfasernetz angeschlossen. Auch die Privathaushalte sind mit Glasfaser bis in die Wohnung (FTTH) versorgt. Damit ist die Grundlage dafür geschaffen, einfach und schnell Zugriff auf alle Leistungen der smarten Kommune zu haben – heute und insbesondere in den kommenden Jahren, wenn Anwendungen entwickelt werden, die man heute noch gar nicht für möglich hält.
Der neueste Mobilfunkstandard ermöglicht den mobilen Zugriff und die Vernetzung aller mobilen Endgeräte. „Neu-Isenburg steht bei der technischen Infrastruktur bereits sehr gut dar. Glücklicherweise waren wir vor einigen Jahren Pilotkommune der Telekom und verfügen daher über ein flächendeckendes Glasfasernetz. Auch hinsichtlich des Mobilfunks haben die Anbieter 5G bereits fast flächendeckend in Neu-Isenburg ausgebaut.“ berichtet Digitaldezernent Andreas Frache. „Zudem sind unsere Stadtwerke im Begriff, ein LoRaWAN-Netz einzurichten“.
Offene Daten und Sensoren ermöglichen intelligente Anwendungen und Funktionen
Das Akronym „LoRaWAN“ steht für Long Range Wide Area Network, eine speziell für das Internet der Dinge („Internet of Things“) entwickelte Funktechnologie. Diese eignet sich aufgrund der hohen Reichweite und des sehr geringen Stromverbrauchs ideal zum Auslesen und zur Vernetzung verschiedenster langlebiger Sensoren in der Stadt. „Die Stadtwerke als Betreiber des LoRaWAN-Netzes schaffen die Voraussetzung dafür, dass zum Beispiel Parksensoren mit dem Internet verbunden werden und die Bürgerinnen und Bürger in Neu-Isenburg die Verfügbarkeit von freien Parkplätzen somit online abrufen können. Mit LoRaWAN ließen sich eine Vielzahl weiterer Anwendungen realisieren – zum Beispiel Umweltsensorik, intelligente Baumbewässerung und Straßenzustandserfassung.“, berichtet Kirk Reineke von den Neu-Isenburger Stadtwerken.
Eine Plattform ermöglicht Bürgerinnen und Bürgern den Zugriff auf die vernetzten Daten
„Dreh- und Angelpunkt für eine Smart City-Strategie ist das Vorhandensein einer Daten- und Informationsplattform.“ zeigt Digitaldezernent Andreas Frache die Neu-Isenburger Vision für das Jahr 2023 auf. Eine solche öffentlich zugängliche Plattform bündelt und vernetzt die städtischen Daten und stellt diese online zur Verfügung. „Darin sollen nicht nur die Informationen eingehen, die in der Verwaltung sowieso vorliegen, sondern auch all die Daten, die durch zukünftige Sensorik über Verkehr, Wetter, Klima, Leitungsnetze und Gebäudetechnik vorliegen.“ Der Open-Data Ansatz ermöglicht es, dass beispielsweise Institutionen und Unternehmen Anwendungen entwickeln können, die auf den öffentlichen Informationen, Statistiken, und Messdaten der Stadt basieren. Um den Datenschutz zu wahren, werden diese öffentlichen Daten kumuliert und anonymisiert. „In unseren Leitlinien haben wir uns bezüglich persönlicher Daten dazu verpflichtet, datensparsam zu sein und diese nicht weiterzugeben.“ stellt Andreas Frache die hohen Datenschutzanforderungen dar.
Analoge Verwaltungsleistungen werden digitalisiert und vereinfacht
Für viele Tätigkeiten in den Verwaltungen sind, obwohl Unterlagen teilweise digital eingereicht oder bearbeitet werden können, zusätzliche manuelle Schritte notwendig. Diese reichen vom Abtippen eingereichter Formulare in Papierform bis zur Notwendigkeit, persönlich für bestimmte Anträge vorzusprechen. Dies bedeutet teils erheblichen Mehraufwand – für die antragstellenden Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen sowie für die städtischen Verwaltungsangestellten. Um diese zu entlasten, setzt Neu-Isenburg in Zukunft auf digitale Lösungen: „Eines der konkreten Ziele ist für mich ist vor allen Dingen die Digitalisierung unserer Arbeitsprozesse.“ berichtet Bürgermeister Dirk Gene Hagelstein, „Durch die E-Akte werden die Prozesse innerhalb der Stadtverwaltung erheblich vereinfacht und wir können unsere Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmerinnen und Unternehmer dieser Stadt viel schneller erbringen“.
Können Anträge und Formulare direkt digital eingereicht und verarbeitet werden, wird von einem medienbruchfreien Ablauf gesprochen. Das Automatisieren der zum Teil repetitiven Arbeiten hat den Vorteil, dass keine (menschlichen) Fehler – zum Beispiel beim Ablesen oder Abtippen – geschehen: „Die größten Chancen sind, dass wir die Effizienz deutlich erhöhen, die Prozesse vereinfachen und es letztlich auch durch die digitalen Abgleiche erreichen, Fehler zu vermeiden. Auf der anderen Seite ist es eine große Herausforderung, die bisher analogen Prozesse auf digital umzustellen und hierbei Prozessverluste durch die Einführung zu verhindern.“ erklärt Bürgermeister Hagelstein die Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Digitalisierung. In diesem Zuge werden dringend benötigte Kapazitäten frei – kein Nachteil, sondern ein Gewinn für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und für die Stadt: „Digitale Anwendungen sollen auf keinen Fall zu einer Personalreduktion in der Verwaltung führen. Vielmehr sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt die Chance bekommen, vermehrt thematisch in ihren Fachbereichen zu arbeiten und von Routineaufgaben entlastet zu werden.“ erklärt Digitalisierungsdezernent Andreas Frache.
Gute Zusammenarbeit und Bürgerbeteiligung ermöglichen die smarte Kommune
Viele der Prozesse in der Stadt und auch die Gewohnheiten der Bürgerinnen und Bürger enden nicht an der Stadtgrenze. Daher ist insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen in einer Region, aber auch der überregionale Austausch von Bedeutung. „Wichtig ist, dass kompatible Systeme zur Verfügung stehen, sodass nicht nebeneinander gearbeitet wird oder Parallelsysteme aufbaut werden“ meint Oliver Quilling, Landrat des Kreises Offenbach, „Das ist zum Beispiel wichtig beim Thema Open Data und bei uns ganz konkret auch bei der Organisation des ÖPNV: Buslinien und Haltestellen in der Region miteinander abzustimmen, damit die Fahrgäste auch sehen können, ob der Bus pünktlich ist oder nicht.“
In Neu-Isenburg besuchten zahlreiche Bürgerinnen und Bürgern den Digital-Tag und informierten sich über die intelligente, vernetzte Stadt. Bürgermeister Dirk Gene Hagelstein ist dabei wichtig: „Ich rate meinen Kolleginnen und Kollegen derjenigen Kommunen, die sich jetzt auf den Weg zur digitalen Stadt machen: Nehmen Sie Ihre Bürgerinnen und Bürger mit. Führen Sie eine gute und offene Kommunikation und nehmen Sie dadurch potenzielle Ängste, wie den Wandel hin zur Digitalisierung, weg von den Papieren, weg von den gesamten analogen Prozessen. Nur eine offene Strategie führt hier langfristig zum Erfolg.“