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Thomas Eberhardt, Baureferat – Tiefbau © Landeshauptstadt München

Die Tiefbauämter der Kommunen spielen im Hinblick auf das Ziel eines flächendeckenden Gigabitausbaus in Deutschland in ihrer Funktion als Wegebaulastträger eine wichtige Rolle. Denn durch eine strukturierte Gestaltung der internen Prozesse und eine zielführende und offene Kommunikation mit den antragstellenden Telekommunikationsunternehmen können die Tiefbauämter dazu beitragen, die für den Gigabitausbau notwendigen Antrags- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und Prozesse auf diese Weise zu beschleunigen. Im Gespräch mit dem Gigabitbüro des Bundes berichtet Thomas Eberhardt vom Baureferat – Tiefbau der Landeshauptstadt München (LHM) wie die Behörde zur effizienten Umsetzung des Gigabitausbaus beiträgt.

Bitte beschreiben Sie uns die konkrete Vorgehensweise hinsichtlich Antrags- und Genehmigungsverfahren zur Verlegung von Telekommunikationslinien nach §127 Abs. 1 TKG beim Tiefbauamt München.

Thomas Eberhardt: Grundsätzlich werden Verlegungen von über 100 Metern Länge bzw. von oberirdischen Einrichtungen beim Baureferat – Tiefbau Zentrale Aufgaben – beantragt. Die Anträge werden auf Vollständigkeit, Widmung, zonengerechte Verlegung
etc. vorgeprüft. Anschließend wird das Abstimmungsverfahren durch die Bearbeiter*innen eingeleitet, bei dem die Beteiligten einen Monat Zeit haben, sich zu äußern und ihre Stellungnahme abzugeben. Nach positiver Durchführung des Verfahrens wird der Zustimmungsbescheid nach § 127 Abs. 1 TKG ausgestellt und zusammen mit den Stellungnahmen an die antragstellende Firma übermittelt.

Wie unterstützt das Tiefbauamt München den Planungsprozess, um Anträge schneller standardisiert bearbeiten zu können?

Thomas Eberhardt: Das Baureferat – Tiefbau gibt gewisse Kriterien bzw. Punkte vor, die ein Antrag enthalten muss. Hierzu zählen eine Baubeschreibung, Angaben über die Bauweise/Verlegemethode, Ansprechpartner*innen, Ausführungszeitraum etc., aber auch ein Lageplan mit entsprechendem Maßstab und anderen kartografischen Standardkriterien. Die vom Baureferat festgelegte Zoneneinteilung für den öffentlichen Verkehrsraum gemäß DIN 1998 ist einzuhalten, um Konflikte mit anderen Sparten zu minimieren. Die entsprechenden Zonenprofile müssen dem Antrag beigelegt werden und die zonengerechte Verlegung in der T-Zone muss ersichtlich sein. Bei Verteilerkästen fordert das Baureferat zusätzlich eine Fotomontage mit eingebettetem Verteilerkasten, um die Verkehrssituation im Umfeld und die Restgehwegbreite beurteilen zu können. Diese Vorgaben werden den Antragsteller*innen über ein Merkblatt übermittelt, die Sachbearbeiter*innen kommunizieren dies bei Antragstellung regelmäßig bzw. stehen für Fragen zur Verfügung.

Welche Besonderheiten und Vorteile bieten Ihre Genehmigungsverfahren, um den Gigabitausbau effizienter zu gestalten?

Thomas Eberhardt: Die städtische Aufgrabungsordnung zur Koordinierung von Baumaßnahmen im öffentlichen Straßengrund trat bereits im Jahr 1989 in Kraft und regelt die Verfahren, Zuständigkeiten und Fristen. Mit dieser jahrzehntelangen Erfahrung existieren eingespielte Prozessabläufe und die Vorgaben bzgl. der Genehmigungsverfahren, wie bspw. Fristen, sind allen Beteiligten bekannt und werden klar kommuniziert. Eine weitere Besonderheit ist die bereits angesprochene Zoneneinteilung des Straßenraums, welche Konflikte mit anderen Sparten verringert. Beeinträchtigungen durch z. B. Störungsbeseitigungen können reduziert und Mindestabstände zu anderen Anlagen eingehalten werden. Die klare Einteilung der Zonen innerhalb des Straßenraums erleichtert und beschleunigt die Beantwortung von Verfahren erheblich, da mögliche Konflikte der Sparten durch die räumliche Trennung der verschiedenen Versorgungsanlagen minimiert werden. Entscheidend für die Genehmigungsverfahren sind auch zentrale Ansprechpartner*innen und deren stetige Verfügbarkeit im Prozess, sodass aufkommende Fragen oftmals innerhalb eines Arbeitstages geklärt werden können. Über klare Vertretungsregelungen ist beim Baureferat – Tiefbau – Zentrale Aufgaben sichergestellt, dass Aufgaben auch im Falle von Abwesenheiten weiterbearbeitet werden und Verzögerungen weitestgehend vermieden werden. So ergeben sich klare, planbare Zeitrahmen für die Telekommunikationsunternehmen, innerhalb derer sie mit einer Bearbeitung ihrer Anträge rechnen können. Im Normalfall werden Anträge auf Zustimmung nach § 127 Abs. 1 TKG innerhalb von ein bis zwei Arbeitstagen geprüft und das Beteiligungsverfahren bei Vorliegen der vollständigen, korrekten Antragsunterlagen gestartet.

Wie stimmen sich Planungsbüros und andere involvierte Stellen mit dem Tiefbauamt ab, wenn es um individuelle Auflagen (z. B. Naturschutz, Stadtreinigung, Denkmalschutz) geht?

Thomas Eberhardt: Bei Beantragung von Glasfaserverlegungen von über 100 Metern Länge bzw. bei oberirdischen Anlagen wie Multifunktionsgehäusen führt das Baureferat – Tiefbau ein Beteiligungsverfahren gemäß der städtischen Aufgrabungsordnung mit allen betroffenen städtischen Fachdienststellen und öffentlichen Versorgungsträgern durch. Durchschnittlich werden etwa 20 verschiedene Stellen digital per E-Mail parallel eingebunden. Ein Formblatt mit Rückäußerungsformular und einem Standard- sowie optionalen Verteiler aller Beteiligten wird mit den geprüften Antragsunterlagen an alle erforderlichen Dienststellen zur Rückäußerung versendet. Hierzu zählen sowohl interne Fachdienststellen des Baureferats, wie die Abteilungen Straßenplanung und -bau, Straßenunterhalt und -betrieb (Straßenreinigung) oder der Gartenbau, als auch Eigenbetriebe, wie die Münchner Stadtentwässerung, andere Referate der Landeshauptstadt München, wie das Mobilitätsreferat und die Untere Naturschutzbehörde, sowie öffentliche Versorgungsträger, wie die Stadtwerke München und Telekommunikationsunternehmen. Anderweitige Erlaubnisse, wie die nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz, müssen von der antragstellenden Firma separat eingeholt werden. Die Beteiligten haben einen Monat Zeit, sich zu dem Bauvorhaben zu äußern und ihre Stellungnahme mit eventuellen Auflagen abzugeben.
Hierbei tauschen sich die verschiedenen Beteiligten direkt mit der/dem Antragssteller*in aus. Die Mitarbeiter*innen des Baureferats -Tiefbau Zentrale Aufgaben fungieren als Anlaufstelle bei möglicherweise auftretenden Problemstellungen und vermitteln zwischen Antragsteller*innen und Stadtverwaltung. Die Stellungnahmen sind Bestandteil des Zustimmungsbescheids nach § 127 Abs. 1 TKG und werden der antragstellenden Firma nach Abschluss des Verfahrens übermittelt. Die Umsetzung der Auflagen und die Abstimmung mit den beteiligten Fachstellen und genannten Ansprechpartner*innen liegt in der Verantwortung der antragstellenden bzw. bauausführenden Firma.

Nutzen Sie bestimmte Tools oder digitale Plattformen zur Bearbeitung von Anträgen?

Thomas Eberhardt: Die Verfahrensabläufe werden zum größten Teil digital durchgeführt; unterstützt durch eine Software, in welche sämtliche Baumaßnahmen im öffentlichen Straßenraum der Stadt München eingetragen werden. Diese soll zeitnah durch eine GIS-basierte Anwendung abgelöst werden.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen bei den Antragsverfahren?

Thomas Eberhardt: Mangelhafte Antragsunterlagen stellen eine immer wiederkehrende Herausforderung dar, die oftmals zu Verzögerungen führt, obwohl die Vorgaben seitens der Stadt klar kommuniziert werden. Auch Einwände der Beteiligten im Abstimmungsprozess bremsen die rasche Durchführung der Verfahren hin und wieder.

Gibt es bereits gute Beispiele oder Erfahrungswerte, von denen andere Kommunen lernen können?

Thomas Eberhardt: Als Beispiel kann das Projekt „Ausbau Nahbereich“ (Vectoring) der Telekom genannt werden. Im Zuge dieses Projekts mussten mehrere hundert Multifunktionsgehäuse in einem von der Bundesnetzagentur vorgegebenen Zeitraum installiert werden. Hier wurden – in enger Kooperation mit der Telekom – Verfahren überarbeitet und verschlankt sowie Standardauflagen formuliert, wodurch die Anzahl der Beteiligten reduziert werden konnte. Die Durchführung dieses Projekts in einem verhältnismäßig kurzen, fix definierten Zeitraum war nur in enger Kooperation mit zahlreichen Abstimmungsrunden möglich. Dabei musste zum einen die Stadt München bereit sein, einen Teil ihrer Aufgaben zur Durchführung der Verfahren an die Telekom abzugeben, zum anderen musste die Telekom im Gegenzug bereit sein, diese Arbeitspakete auch zu übernehmen. Aktuell plant die Deutsche Telekom einen Großteil des Münchner Stadtgebietes bis 2030 mit Glasfaser zu erschließen. Das Baureferat – Tiefbau Zentrale Aufgaben dient hier als Ansprechpartner für die Durchführung der Verfahren und auch hinsichtlich der Abstimmungsprozesse mit den Beteiligten. Die Vorprüfungen der Anträge, das Archivieren aller Dokumente etc. erfolgt dabei über eine von der Telekom geschaffene Datenplattform, auf der die jeweiligen Bearbeiter*innen des Baureferats – Tiefbau Zugriff haben und dort ihre Anmerkungen hinterlegen können und somit in direktem Austausch mit der Telekom stehen. Das Versenden der Unterlagen, das Einholen und Archivieren bzw. das Monitoring der Stellungnahmen erfolgt durch die Telekom. Das Baureferat – Tiefbau als Straßenbaulastträger sichtet nach Abschluss des Verfahrens die Stellungnahmen und stellt die Zustimmung aus. Dem Baureferat – Tiefbau obliegt also weiterhin die Hoheit über die Verfahren. Im nächsten Schritt der Bauausführung wurde von Seiten der Telekom ein Ingenieurbüro beauftragt, welches sowohl für die Telekom als auch für das Baureferat die Überwachung der Baumaßnahmen sowie die Dokumentation und Übernahme der Flächen übernimmt.

Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus den Antrags- und Genehmigungsprozessen in Ihrer Behörde mit?

Thomas Eberhardt: Insbesondere kurzfristige Projekte mit einem erheblichen Umfang funktionieren nur durch eine gute Kooperation zwischen der Kommune und dem Telekommunikationsunternehmen. Ein striktes nebeneinander Arbeiten wird nicht zielführend sein und die Versorgung der Bürger*innen mit hohen Bandbreiten unnötig verzögern. Hier müssen zukünftige Modelle ansetzen.

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