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unsplash / Aran Prime

Durch die immer stärkere Vernetzung und voranschreitende Digitalisierung wird deutlich, dass ein flächendeckendes Mobilfunknetz im Jahre 2021 von enormer Bedeutung ist. Beim Ausbau dieses Netzes stehen Kommunen noch immer vor großen Herausforderungen. Um den Mobilfunkausbau in Rheinland-Pfalz voranzutreiben, indem beteiligte Akteure vernetzt, Expertenwissen vermittelt und Problemlösungen bei Hinderungsgründen entwickelt werden, wurde die Clearingstelle Mobilfunkausbau Rheinland-Pfalz gegründet.

Sie stellt einen zentralen Ansprechpartner für Kommunen und Netzbetreiber dar und fungiert als Lotse bei organisationsübergreifenden Vorhaben. Wie die Arbeit der Clearingstelle und die Anfragen von Kommunen und Netzbetreibern im Detail aussehen, erklärt Klaus Eichler, Leiter der Clearingstelle Mobilfunk, in unserem Interview.

Die Clearingstelle Mobilfunk gibt es nun bereits seit dem Frühjahr 2020 – was war der Hintergrund, eine solche zentrale Anlaufstelle einzurichten?

Klaus Eichler: Die initiale Idee zur Etablierung der Clearingstelle wurde im Rahmen des „Runden Tisch Mobilfunk“ des Landes im Jahr 2019 geboren und dann weiterentwickelt. Damals gab es eine hohe Zahl an offenen Baumaßnahmen der Mobilfunkunternehmen, deren Umsetzung dringend realisiert werden musste, um die Versorgungsauflage aus der Frequenzversteigerung von 2015 zu erfüllen. Daraus rührt auch der Kern der Clearingstelle Rheinland-Pfalz, den marktgetriebenen Mobilfunkausbau zu unterstützen.

Wie sieht die Strategie des Landes Rheinland-Pfalz hinsichtlich 5G und Mobilfunk aus?

Klaus Eichler: Das Land unterstützt die Mobilfunkunternehmen bei der Erfüllung von Frequenzauflagen und fördert den flächendeckenden Ausbau des Mobilfunknetzes in Rheinland-Pfalz. Die Clearingstelle agiert dabei als eine Art Lotse, der in schwierigen Fällen den Weg aufzeigen kann und bei der Lösungsfindung unterstützt.

Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus und an welchen Themen arbeiten Sie, um ihre Ziele zu erreichen?

Klaus Eichler: Aktuell besteht die tägliche Arbeit in der Recherche zu aktuellen Fällen, dem Bereitstellen von Informationen zur Bewertung der Sachlage, der Teilnahme an kommunalen Terminen und – sofern erforderlich – der Vermittlung zwischen den beteiligten Parteien im Bauprozess.

Schwerpunktthemen sind hierbei:

Was haben Sie bisher erreicht bzw. bei welchen Themen konnten Sie Kommunen und Mobilfunkanbieter bereits konkret unterstützen?

Klaus Eichler: Allein im Zeitraum von März bis Dezember 2020 wurden der Clearingstelle Mobilfunk fast 70 Problemfälle gemeldet, in denen es beim Ausbau oder der Erneuerung von Mobilfunkstandorten hakte. Zwei Drittel dieser Fälle konnten mit unserer Hilfe mittlerweile abgeschlossen werden oder aber es wurde eine Lösung des Problems angestoßen. Bei den verbleibenden Fällen läuft die Bearbeitung. Diese Zahlen zeigen, dass die Arbeit der Clearingstelle sowohl von Mobilfunkunternehmen als auch von den Kommunen angenommen wird und einen Beitrag zu einer verbesserten Mobilfunkversorgung in Rheinland-Pfalz leistet.

Bei den Problemen, mit denen die Clearingstelle konfrontiert wird, handelt es sich häufig um Fragen zu bestehenden Funklöchern in einzelnen Kommunen, zur Standortsuche durch ausbauende Unternehmen oder zu Problemen mit den erforderlichen Genehmigungsverfahren. Gleich zum Start der Clearingstelle wurden uns von einem Mobilfunknetzbetreiber 8 konkrete Fälle gemeldet, in denen die Bearbeitung stockte und sich dadurch lange Bauzeiten ergeben hatten.

Von diesen Fällen konnten 4 Stück tatsächlich aufgelöst und der Bauprozess wie geplant fortgesetzt werden. Bei den 4 verbleibenden Fällen musste eine alternative Lösung, abweichend von der ursprünglichen Planung, erarbeitet werden. Die Fälle werden weiter begleitet, bis sie in einen abschließenden Status überführt werden. Es gibt aber kein einheitliches Muster bei den Fällen, die zu einer „Best Practice“ führen könnten. Aufgrund der differenzierten Gegebenheiten vor Ort sowie den unterschiedlichen Akteuren ist jeder Fall ein Unikat. In allen Fällen ist allerdings eine beharrliche Kommunikation mit allen beteiligten Bereichen erforderlich, um die Hintergründe des Handelns zu verstehen und gemeinsam Lösungen zu finden.

Besonders beeindruckt hat mich eine Initiative einer kleinen Ortsgemeinde, die zu einer Experten-Anhörung einen Mitarbeiter des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) eingeladen hatte. Der Experte des BfS wurde durch den Ortsbürgermeister per Videoschalte in die Präsenzveranstaltung eingebunden. Digitalisierung klappt auch auf dem Land. Es bedarf aber der Initiative Einzelner.

Wie arbeiten Sie dabei mit anderen Initiativen oder sonstigen Partnern zur Mobilfunkförderung zusammen?

Klaus Eichler: Aktuell gibt es keine konkrete Zusammenarbeit mit anderen Gremien der Mobilfunkförderung. Als Informationsplattform haben wir die Initiative „Deutschland spricht über 5G“ aufgenommen und vermitteln bei Bedarf an Ansprechpartner des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) sowie dem Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz.

Ein lockerer Kontakt wurde zum Mobilfunkkompetenzzentrum Schleswig-Holstein aufgenommen und erste Gespräche mit dem Mobilfunkkompetenzzentrum Hessen haben stattgefunden. Der Austausch diente dem Abgleich der Ausrichtung und Zielstellung der etablierten Gremien sowie der Identifizierung einer möglichen Zusammenarbeit. Da die Organisation innerhalb der Länder und die Rahmenbedingungen für den Mobilfunkausbau deutlich unterschiedlich sind, ergab sich bisher keine engere Kooperation.

Was sind die wesentlichen Hürden für Kommunen, aber bspw. auch für Netzbetreiber, beim Ausbau der Mobilfunk-Infrastruktur? Und welche Rolle spielte dabei die Pandemie?
Klaus Eichler: Eine große Hürde ist aus meiner Sicht die Unsicherheit bei einigen Bürgerinnen und Entscheiderinnen in den Ortsgemeinden, die sich erst- und meist auch einmalig mit dem Thema Mobilfunkausbau und den damit einhergehenden Fragen konfrontiert sehen.

Für sie besteht auf der einen Seite die Möglichkeit, die digitale Infrastruktur vor Ort auszubauen und so einen wichtigen Schritt zur Zukunftssicherung im ländlichen Raum zu erreichen, andererseits müssen mögliche Bedenken vor Mobilfunkstrahlung und einer „Verschandelung“ der Landschaft durch Mobilfunkmasten ernst genommen werden. In der Situation bedarf es der Unterstützung der Kommunen in vertrauensvollen Dialogen vor Ort.
Die Pandemie erschwert dies, da keine Ortstermine, keine Bürgerversammlungen, keine Gremiensitzungen, etc. durchgeführt werden können. Der Aufbau einer vertrauensvollen Kommunikation gestaltet sich dadurch schwierig. Über das Telefon oder bestenfalls per Videokonferenz kann dieser Teil unserer Arbeit nicht so erfolgreich gestaltet werden wie es unter normalen Umständen möglich wäre.

Erschweren die Bedenken von Bürgerinnen vor elektromagnetischer Strahlung und eingeschränkte Mobilität während der Pandemie die Bemühungen um den Mobilfunkausbau?

Klaus Eichler: Viele Sorgen und Bedenken der Bürgerinnen artikulieren sich im Rahmen von Bürgerversammlungen oder ähnlichen Formaten. Hier erreicht man aus unserer Erfahrung die Menschen am besten, um ihnen diese Ängste zu nehmen bzw. sie zu relativieren. Offene Fragen von unentschlossenen Bürgerinnen, die sich häufig erst im Laufe der offenen Diskussion in diesen Informationsveranstaltungen herauskristallisieren, können auf elektronischem Weg nicht beantwortet werden. Dafür sind Präsenztermine vor Ort und Bürgerinformationsveranstaltungen erforderlich. Ihrem „Bericht Clearingstelle Mobilfunk RLP“ aus dem Dezember 2020 lässt sich entnehmen, dass sich mehr als die Hälfte der Problemfälle von Kommunen beim Mobilfunkausbau bereits bei der strategischen Planung ergaben. Woran liegt das und welche Hürden gibt es noch? Klaus Eichler: Die Klassifizierung „Strategische Planung“ bezieht sich auf die Ausbauplanung der Mobilfunkunternehmen. Hierunter fallen besonders die Anfragen zu Ausbauwünschen und Anfragen zum Ausbau durch die Kommunen. Viele Anfragen sind durch Kommunen gestellt worden, die sich eine bessere oder überhaupt eine Mobilfunkversorgung wünschen. Der Grund der zahlreichen Anfragen zu diesem Thema liegt in der Topographie und Besiedlung von Rheinland-Pfalz. Hier gibt es noch einige Ortschaften, die eine unzureichende Mobilfunkversorgung haben.

Auf welchem Weg informieren Sie Kommunen und Bürgerinnen über Ihr Angebot und gehen auf generelle Fragen zum Mobilfunkausbau ein?

Klaus Eichler: Es gibt eine Internetseite der Clearingstelle, auf der wir allgemeine und auf Rheinland-Pfalz bezogene Informationen zum Mobilfunkausbau bereitstellen. Mit Einführung der Clearingstelle im letzten Frühjahr haben wir dann noch über die Kommunikationswege des Landes wie Pressemitteilungen usw. auf uns aufmerksam gemacht. Speziell die Kommunen konnten wir aber maßgeblich über einen Artikel im Printmedium des Gemeinde- und Städtebundes erreichen. Der Artikel hatte Einladungen zu verschiedenen Gremien im ganzen Land zur Folge. Die Clearingstelle konnte sich in Kreistagungen, Ortsbürgermeisterdienstbesprechungen, Landkreissitzungen und anderen Gremien der Kommunen vorstellen. Im Nachgang zu diesen Vorstellungsterminen kamen dann auch die Anfragen zur konkreten Unterstützung als Experte bei Gemeinderatssitzungen und Bürgerversammlungen.

Welche Tipps bzw. entscheidende Erfolgsfaktoren möchten Sie anderen Kommunen und Organisationen abschließend noch mit auf den Weg geben?

Klaus Eichler: Meine Erfahrung aus dem ersten Jahr der Arbeit der Clearingstelle zeigt, dass es sehr wichtig ist, die regionalen Entscheiderinnen in ihrer Arbeit zu unterstützen. In Rheinland-Pfalz sind dies alles ehrenamtlich Engagierte, die das Beste für ihre Einwohnerinnen erreichen wollen. Den Spagat zwischen dem Aufbau von technischer Infrastruktur und dem Schutz der Bevölkerung und Landschaft müssen sie vor Ort argumentieren. Dabei benötigen sie aus meiner Sicht die bestmögliche Unterstützung, um den politischen Willen des Landes umzusetzen und trotzdem jeden Tag den Menschen aus ihrem Ort aufrecht begegnen zu können.

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