Glasfaserausbau beginnt mit Vertrauen – Interview mit Dennis Ressel, Stadtwerke Geesthacht
Schleswig-Holstein ist Vorreiter beim Glasfaserausbau in Deutschland und verzeichnet eine hohe Dynamik im Ausbaugeschehen – auch die Gemeinde Geesthacht ist vorne mit dabei. Grund dafür ist eine klare Kommunikationsstrategie sowie ein aktives Engagement vor Ort.
Dennis Ressel ist seit 2012 bei den Stadtwerken Geesthacht beschäftigt und verantwortet seit 2017 als Prokurist und Bereichsleiter den Bereich Medien und IT. In dieser Zeit haben die Stadtwerke Geesthacht den Glasfaserausbau in 23 Gemeinden und Städten erfolgreich durchgeführt – mit dem Ziel, eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaser bis ins Haus (FTTH) sicherzustellen. Der Großteil der Region ist bereits vollständig erschlossen, die letzten Lückenschlüsse werden derzeit umgesetzt.
Gigabitbüro des Bundes: Herr Ressel, Sie haben den Glasfaserausbau mit den Stadtwerken Geesthacht intensiv begleitet. Wie sind Sie den Ausbau in Ihrer Region angegangen – was war der Impuls?
Dennis Ressel: 2012 hatten wir in der Region eine sehr gemischte Internetversorgung. Einige Orte hatten nur 0,4 Mbit/s, andere immerhin 6 Mbit/s. Für die damalige Zeit war das noch eine gute und ausreichende Geschwindigkeit. Aber wir hatten eine klare Zukunftsvision: Wir wollten Geesthacht und die umliegenden Gemeinden sofort – nicht irgendwann – fit für die digitale Zukunft machen.
Bereits damals war absehbar, dass der Bandbreitenbedarf deutlich steigen würde – etwa durch Homeoffice, digitale Bildung und Streaming. Wir haben früh erkannt, dass das bestehende Kupfernetz diesen Anforderungen langfristig nicht gerecht werden kann.
Gigabitbüro des Bundes: Blicken wir auf den heutigen Stand: Wo stehen Sie inzwischen beim Ausbau, und wie sehen Ihre nächsten Schritte – insbesondere im Marketing und Vertrieb – aus?
Dennis Ressel: Wenn ich von Geesthacht spreche, sind immer unsere 23 Gemeinden und Städte gemeint. Die sind bereits überwiegend zu 100 Prozent ausgebaut. Die restlichen Lücken, vor allem in der Stadt Geesthacht, werden in den nächsten drei Jahren zu 100 Prozent erschlossen sein. Unser Ziel ist eine flächendeckende Bereitstellung des ganzen Netzes.
Mit unserem Marketing- und Vertriebskonzept setzen wir immer auf die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern. Eine transparente Kommunikation, persönliche Ansprache und bester Service sind uns hier sehr wichtig – das mögen die Menschen vor Ort. Wir möchten, dass die Bürgerinnen und Bürger verstehen, warum die Umstellung von der Kupferleitung auf die Glasfaser notwendig ist und dass sie davon profitieren – das ist der wesentliche Kern.
Gigabitbüro des Bundes: Sie erwähnten eingangs sehr hohe Abschlussquoten in einigen Regionen. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie ergriffen, um diese Zahlen zu erreichen?
Dennis Ressel: Es ist ein Mix aus bewährten und neuen Maßnahmen. Informationsveranstaltungen in Gemeindehäusern, Präsenz auf Wochenmärkten mit unserem Infomobil, Social-Media-Kampagnen, gezielte Pressearbeit, Tür-zu-Tür-Vertrieb – das alles spielt zusammen. Kommunikation funktioniert da am besten, wo sie wirklich persönlich ist. Wenn jemand kompetent, empathisch und ohne Zeitdruck an der Haustür erklärt, was der Glasfaseranschluss bedeutet, entsteht Vertrauen.
Wir sind keine anonymen Verkäufer – unsere Vertriebsmitarbeitenden treffen Sie später auch mal im Supermarkt oder auf dem Wochenmarkt wieder. Das macht einen enormen Unterschied und führt zu hohen Abschlussquoten.
Gigabitbüro des Bundes: Sie haben viele Maßnahmen erfolgreich umgesetzt. Was würden Sie anderen Kommunen oder Telekommunikationsunternehmen (TKU) mitgeben, die selbst den Ausbau vorantreiben wollen?
Dennis Ressel: Hier würde ich drei Dinge nennen. Das erste ist, sehr frühzeitig in die Aufklärung zu investieren, denn wer den Bedarf versteht, trifft die richtigen Entscheidungen. Zweitens: lokal denken. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, denn jede Region, jede Gemeinde oder sogar jede Straße tickt teilweise anders. Das gilt auch für die Sprache, die Kanäle und die Altersstruktur. So funktionieren beispielsweise Gemeinden mit einem sehr hohen Einkommen pro Kopf ganz anders als in einer Gegend, in der viele Menschen auf engem Raum zusammenwohnen.
Und der dritte Punkt ist die Zusammenarbeit. Die besten Erfolge erzielen wir immer dort, wo die Kommune, das Stadtwerk und die Bürgerinnen und Bürger an einem Strang ziehen und zusammenarbeiten. Ohne eine gewisse Grundquote kann der Ausbau nicht verfolgt werden, weil es nicht wirtschaftlich ist. Deswegen ist es wichtig, dass Glasfaser nicht nur als Baustelle angesehen wird, sondern als Gemeinschaftsprojekt.
Gigabitbüro des Bundes: Welche Akteure oder Multiplikatoren spielen dabei aus Ihrer Sicht eine besondere Rolle?
Dennis Ressel: Ganz klar: die Nachbarschaft. Wenn sie miteinander spricht und die Informationen zum Ausbau weitergibt, entstehen Begehrlichkeiten. Häufig entstehen auch Nachbarschaftsinitiativen, bei denen ein Anwohner weitere Nachbarn einlädt, sodass schließlich mehrere Haushalte gemeinsam Verträge abschließen – sei es aus gemeinsamer Überzeugung oder um mögliche Bedenken im direkten Austausch zu klären. Wir begleiten dann selbstverständlich gerne solche Treffen.
Gigabitbüro des Bundes: Sie haben einen LinkedIn-Post veröffentlicht, in dem Sie „provokant“ auf die Kupfer-Glas-Migration aufmerksam machen. Was war Ihre Intention hinter dem Beitrag?
Dennis Ressel: Der Post war bewusst so geschrieben. Die Kernaussage war „Kupfer war gestern – Glasfaser ist nicht die Zukunft, sondern Glasfaser ist die Gegenwart“. Wir reden seit vielen Jahren von schlechten Kupfernetzen. Wir reden aber auch davon, dass unsere Glasfasernetze in Schleswig-Holstein schon sehr gut und flächendeckend ausgebaut werden. Wir wollten Aufmerksamkeit erzielen und aktiv ins Gespräch gehen: Wie kann das funktionieren? Wollen das alle? Ziehen wir alle an einem Strang, damit wir die Zukunftsvision, das Land digital aufzustellen, auch erreichen können. Es gab viel Zustimmung von Fachleuten, aber auch kritische Nachfragen von Bürgerinnen und Bürgern, die noch vermeintlich gut versorgt sind. Ich habe damit eine hohe Gesprächsbereitschaft signalisiert, um am Ende auch Gespräche zu führen und aufzuklären. Es ist ein sehr vitales Thema!
Unsere Aufgabe ist es, Brücken zu bauen – zwischen Technik und Verständnis, zwischen Projekt und Alltag. Die hohe Beteiligung an unseren Veranstaltungen und die Abschlussquoten zeigen uns immer wieder: Es gilt, die vorhandene Akzeptanz gezielt zu aktivieren.
Gigabitbüro des Bundes: Zum Abschluss: Welche zentrale Botschaft möchten Sie anderen Kommunen oder Stadtwerken mit auf den Weg geben?
Dennis Ressel: Einfach anfangen! Die Zeit spielt gegen uns. Das Fenster für den Glasfaserausbau ist klein. Mit guten Kommunikationsmaßnahmen sind hohe Abschlussquoten erreichbar – auch trotz gestiegener Baukosten und Zinsen. Aber das funktioniert nicht mit 20 Prozent Anschlussquote, sondern nur, wenn die Menschen verstehen, wie wichtig dieses Thema ist und den Mehrwert sehen. „Open Access“ ist dabei ein zentraler Hebel. Auch wir haben dafür etwas gebraucht – aber jetzt gehen wir den Weg konsequent und vermarkten unser Netz über die OpenNet Plattform. Dabei sind wir überzeugt: So wird der Glasfaserausbau erfolgreich.
Sie benötigen Unterstützung in der Bürgerkommunikation? In unserer kostenfreien Schulung „Bürgerkommunikation erfolgreich umsetzen: Kommunale Kommunikationsstrategien für den Glasfaserausbau“ zeigen wir Ihnen, wie Sie durch professionelle Kommunikation Vertrauen schaffen, Bürgerinnen und Bürger mitnehmen und den Glasfaserausbau aktiv begleiten – neutral, transparent und erfolgreich.
Ergänzend zur Schulung finden Sie kostenfreie und praxisnahe Materialien – wie Checklisten zur Veranstaltungsplanung, Textvorlagen für Webseiten, Pressemitteilungen und Social-Media-Beiträge – die Sie dabei unterstützen, den Glasfaserausbau verständlich und zielgerichtet zu kommunizieren.