Interview-Reihe: Aktivitäten der Bundesländer im Bereich Mobilfunk – Bayern
Digitale Dienste nutzen, immer und überall verfügbar sein – inzwischen sind mobile Anwendungen fester Bestandteil unseres Alltags und funkbasierte Übertragungstechniken damit unverzichtbar geworden. Um den weiteren Ausbau in Deutschland voranzubringen, gibt es, flankierend zu den Anstrengungen der Netzbetreiber, auch verschiedene Initiativen auf Bundes- sowie auf Ebene der Länder. In unserer Interviewreihe, die wir kontinuierlich erweitern werden, sprechen wir mit Vertretern verschiedener Bundesländer, wie sie den Mobilfunkausbau aktiv mitgestalten. Im Gespräch mit dem Gigabitbüro des Bundes erläutert Dietrich Schirm, Referatsleiter IuK-Wirtschaft, Telekommunikation im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, die Aktivitäten in Bayern.
Das Mobilfunkförderprogramm in Bayern besteht nun bereits seit fast genau 2 Jahren. Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Resonanz der Kommunen und der Umsetzung?
Dietrich Schirm: Wir sind sehr zufrieden, denn das Förderprogramm läuft trotz Corona gut an. 592 bayerische Gemeinden haben beim bayerischen Mobilfunkzentrum in Regensburg ihr Interesse an einer Verbesserung der Versorgung bekundet. Davon haben 477 Gemeinden sog. weiße Flecken, für die das Mobilfunkzentrum das Markterkundungsverfahren einleitet. 73 Gemeinden haben einen Förder-bescheid. Die rege Beteiligung geht darauf zurück, dass das Programm auf nachdrücklichen Wunsch der Gemeinden gestaltet wurde. In allen Landesteilen Bayerns sollen leistungsfähige Netze zur Verfügung stehen.
Sie bieten zwei Fördermodelle an – eines für Kommunen, eines für Netzbetreiber. Können Sie hier die jeweilige Zielsetzung näher erläutern?
Dietrich Schirm: Im Kern geht es um die Förderung von Gemeinden beim Bau eines Mobil-funkstandorts. Dieser wird dann an die Netzbetreiber vermietet. Für das Schließen eines Funklochs kommen auch Masten des sog. BOS Polizeifunks in Frage. Werden sie mitgenutzt, fördern wir Netzbetreiber für notwendige Umbauten. Zahlenmäßig wird die Gemeindeförderung weit überwiegen.
Von rund 900 bayerischen Kommunen mit weißen Flecken hat gut die Hälfte eine Markterkundung durchgeführt, rund ein Viertel eine Suchkreisabfrage eingeleitet und weniger als 10% am Ende Förderung beantragt – konnte für die verbleibenden 90% eine andere Lösung für die Beseitigung des weißen Flecks gefunden werden?
Dietrich Schirm: Im geförderten Ausbau haben die Netzbetreiber aktuell für 223 Gemeinden mit einem Suchkreis Interesse an der Anmietung dokumentiert. Wir begrüßen sehr, dass die Netzbetreiber außerdem schon jetzt für 314 Gemeinden einen eigenwirtschaftlichen Ausbau zugesagt haben. Hier muss die Gemeinde nicht selbst tätig werden. Hinzu kommen Zusagen der Netzbetreiber im Rahmen der sog. Whitespot Vereinbarung mit dem Bund, mit denen Funklöcher – vor allem an Verkehrswegen – geschlossen werden.
Wie unterstützen Sie Kommunen, geeignete Standorte zu finden, sodass hierfür nach Errichtung der passiven Infrastruktur auch ein Netzbetreiber für den Betrieb gefunden wird?
Dietrich Schirm: Die Standortsuche beginnt mit der Funknetzplanung der Betreiber. Sie wird in den Suchkreisen konkret. Die beste Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten ha-ben die Gemeinden. Um sie gezielt zu unterstützen, haben wir frühzeitig das Bayerische Mobilfunkzentrum gegründet und aufgebaut. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen an vielen Terminen vor Ort teil. Nur wenn eine Zusage mindestens eines Netzbetreibers vorliegt, kommt es zu einem Förderprojekt.
Können Sie sagen, wie sich die beantragten Projekte auf die Umsetzungsvarianten aufteilen, also Bauauftrags- vs. Baukonzessionsvariante?
Dietrich Schirm: Das hält sich bisher die Waage. Gemeinden, die etwas schneller vorankom-men und selbst steuern möchten, setzen eher auf die Bauauftragsvariante. Die Baukonzession wird oft von Gemeinden gewählt, die einen Partner für das gesamte Projekt benötigen.
Wie hoch war bisher die durchschnittlich bewilligte vorläufige Förderhöhe?
Dietrich Schirm: Die Fördervorbescheide lauten auf den vollen Förderbetrag von „bis zu“ 500.000 bzw. 550.000 Euro. Sie werden bereits vor Projektbeginn erteilt. Wie hoch die tatsächliche Fördersumme ist, entscheidet sich erst nach Vorlage der Verwendungsnachweise.
Inwieweit spielt der 5G-Ausbau bei der aktuellen Mobilfunkförderung schon eine Rolle? Werden hier Anreize gesetzt, um künftige Anforderungen bereits heute zu berücksichtigen?
Dietrich Schirm: Bayern strebt eine leistungsfähige 5G-Versorgung an. Die Forschung in Bayern beschäftigt sich sogar bereits mit den Vorbereitungen für 6G. Das Mobilfunk-Förderprogramm setzt allerdings mit dem Schließen von Funklöchern an einer anderen Stelle an. Der geförderte Ausbau wird in LTE oder 5G erfolgen. Dank intelligenter Antennen können LTE und 5G vielfach gleichzeitig einge-setzt werden. Mit der Anbindung der geförderten Standorte legen wir Grund-lagen für 5G.
Bayern hat in punkto Mobilfunkförderung eine Vorreiterrolle. Viele andere Bundesländer wollen nachziehen; der Bund plant ebenfalls ein Programm. Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die Sie bezüglich Gestaltung und Umsetzung einer Mobilfunkförderung geben können?
Dietrich Schirm: Der Ausbau der Telekommunikation ist und bleibt Aufgabe der Netzbetreiber. Die Bayerische Staatsregierung hat jedoch früh erkannt, dass der Markt allein nicht jede Versorgungslücke schließt. Die Mobilfunk-Initiative gehört deshalb zu den wirtschaftspolitischen Prioritäten von Staatsminister Hubert Aiwanger und ergänzt den marktgetriebenen Ausbau mit staatlicher Förderung. Parallel dazu arbeiten wir an der Verbesserung von Rahmenbedingungen, wie z.B. beschleunigte Genehmigungsverfahren. Ein Förderprogramm ist immer von Vorgaben des europäischen Beihilfenrechts geprägt. Ganz konkret raten wir, gutes Kartenmaterial zu erarbeiten, um sich ein Bild des Handlungsbedarfs im Land zu machen. Ein Förderprogramm sollte administrativ handhabbar und kundenfreundlich gestaltet werden, denn die Ausbauverfahren sind schon anspruchsvoll genug und müssen eine Vielzahl von Akteuren berücksichtigen. Die Beteiligten sollten sich daher regelmäßig austauschen, damit jeder auf dem gleichen Stand ist.
Mit den drei Mobilfunkanbietern wurde ein großangelegter Ausbau des Mobilfunks in Bayern bis 2020 vereinbart (laut Website). Auch das Bayerische Förderprogramm leistet hier seinen Beitrag, um unwirtschaftliche Regionen mithilfe der Förderung zu erschließen. Kann man sagen, dass ab 2021 es keine Mobilfunklöcher mehr in Bayern geben wird?
Dietrich Schirm: Zur Bayerischen Mobilfunk-Initiative gehört die Kooperation aller Beteiligten. Am 14. September 2018 schlossen die Staatsregierung, die Netzbetreiber und die kommunalen Spitzenverbände einen Mobilfunkpakt, in dem die Netzbetreiber einen zusätzlichen Ausbau zusagten. Mehr als 3.000 Standorte wurden bis 2020 neu errichtet oder technisch aufgerüstet. Das sind eigenwirtschaftliche Projekte, die durch das Förderprogramm und andere Initiativen ergänzt werden. Wir begrüßen sehr, dass Betreiber auch selbst zusätzliche Anreize für Kommunen setzen, am Ausbau mitzuwirken. Nur gemeinsam kommen wir dem Ziel näher. Das gelingt, wenn auch wir alle als Bürger ja zum Mobilfunk sagen. Denn jede Verbesserung hilft, damit Funklöcher künftig der Vergangenheit angehören und digitale Dienste Bürgern und Unternehmen überall zur Verfügung stehen.
Weitere Informationen zum bayerischen Mobilfunk-Förderprogramm finden Sie hier.