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17. November 2025

Der erste Eindruck trügt nicht: Der NE4-Ausbau ist komplex. Dennoch bietet er viele Chancen und ist dank etablierter Lösungsansätze eine überwindbare Herausforderung mit großem Potenzial. Besonders relevant sind hier rechtliche Rahmenbedingungen, Ausbaumodelle und die Finanzierung. In Teil zwei unserer Artikel-Reihe geben wir Ihnen einen Überblick über genau diese Themen.

Dies ist der zweite Artikel unserer dreiteiligen Reihe, in der wir die wichtigsten Fragen rund um den NE4-Ausbau beantworten.

Der Grundstein: Rechtliches, Ausbaumodelle und Finanzierung des NE4-Ausbaus

Rechtliche Rahmenbedingungen

Gigabitfähige Netze entfalten dann ihr volles Potenzial, wenn über Glasfaser nicht nur die Gebäude angebunden, sondern diese innerhalb der Gebäude bis in jede einzelne Wohnung geführt werden. Der deutsche Gesetzgeber hat dies erkannt und grundsätzlich eine Berechtigung öffentlicher Telekommunikationsnetzanbieter (TKU) für das Errichten und Betreiben ihrer Netze bis in die Räume der Endnutzer sowie für spezielle Fälle eine Verpflichtung zur Errichtung gebäudeinterner passiver Netzinfrastrukturen im Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelt. Diese sogenannte Ausstattungsverpflichtung gilt sowohl für Neubauten als auch umfangreiche Renovierungen von Bestandsgebäuden.

Grundsätzlich gilt, dass TKU ihr Netz in den Räumlichkeiten der Endnutzer abschließen dürfen (vgl. § 145 Abs. 1 TKG; vgl. ab 12. November 2025 auch Art. 11 Abs. 1 bis 4 GIA). Dies ist eine grundlegende Befugnis, welche den Zugang zu den Wohnungen der Endnutzer ermöglicht, um dort die notwendige Infrastruktur zu installieren und das Netz zu betreiben. Voraussetzung hierfür ist erstens eine Zustimmung des jeweiligen Endnutzers. Zweitens muss der Eingriff in die Eigentumsrechte Dritter so geringfügig wie möglich erfolgen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine Verlegung neuer Netzinfrastruktur nur statthaft ist, soweit keine (Mit-) Nutzung bestehender Infrastruktur ohne spürbare Qualitätseinbußen des Telekommunikationsdienstes möglich ist. In der Praxis sind die TKU daher bemüht, gemeinsam mit den Eigentümern eine einvernehmliche Lösung beim Ausbau der NE4 mit Glasfaser zu finden.

Im Falle eines Neubaus sind zwingend passive Netzinfrastrukturen (insbesondere Leerrohre und Kabelkanäle) für ein Netz mit sehr hoher Kapazität (v.a. Glasfasernetze) sowie ein Zugangspunkt zu dieser Netzinfrastruktur zu errichten (vgl. § 145 Abs. 4 TKG; vgl. ab 12. Februar 2026 auch Art. 10 Abs. 1 bis 3 GIA).

Diese Verpflichtung gilt grundsätzlich auch im Falle einer Renovierung eines Bestandsgebäudes, wobei es hierbei auf den Umfang der Renovierungsarbeiten ankommt (vgl. § 145 Abs. 5 TKG; vgl. ab 12. Februar 2026 auch Art. 10 Abs. 1 bis 3 GIA). Abgrenzungskriterium ist das Vorliegen einer „umfangreichen Renovierung“. Erforderlich hierfür sind strukturelle Veränderungen zumindest an einem wesentlichen Teil der gebäudeinternen Telekommunikationsnetzinfrastruktur (vgl. § 3 Nr. 68 TKG; vgl. ab 12. November 2025 auch Art. 2 Nr. 9 GIA). Erfolgt eine umfangreiche Renovierung in diesem Sinne, ist mit Blick auf die gegebenenfalls vorhandene gebäudeinterne Netzinfrastruktur wie folgt zu differenzieren:

Insgesamt ausgenommen von der Ausstattungsverpflichtung sind bestimmte Gebäudetypen, beispielsweise Einfamilienhäuser, Ferienhäuser sowie Baudenkmäler (vgl. § 145 Abs. 6 TKG).

In den Fällen, in welchen die Errichtung einer gebäudeinternen passiven Netzinfrastruktur nicht zwingend gesetzlich vorgeschrieben ist, kann diese dennoch aus wirtschaftlichen Gründen dennoch sinnvoll sein, insbesondere um einen späteren Ausbau von Glasfaser in der NE4 zu vereinfachen.

Neue europäische Vorgaben zur Inhouse-Verkabelung ab November 2025

Die beschriebenen Vorgaben des TKG werden durch die neuen Regelungen der EU ergänzt bzw. konkretisiert. Diese Regelungen wurden im Rahmen der Gigabit-Infrastrukturverordnung (GIA) eingeführt, werden größtenteils ab dem 12. November 2025 gelten (einige Artikel erst ab 12. Februar bzw. 12. Mai 2026) und darauf abzielen, den Ausbau moderner Kommunikationsinfrastrukturen zu beschleunigen. So müssen ab dem 12. Februar 2026 alle Neubauten und Bestandsgebäude, die umfangreichen oder größeren Renovierungen unterzogen werden, zusätzlich zu der passiven Netzinfrastruktur für ein Netz mit sehr hoher Kapazität sowie dem Zugangspunkt auch noch mit einer gebäudeinternen Glasfaserverkabelung ausgestattet werden (vgl. Art. 10 GIA). Darüber hinaus besteht für TKU gegebenenfalls ein Zugangsanspruch zu Zugangspunkten sowie gebäudeinternen physischen Infrastrukturen (vgl. Art. 11 GIA).

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass sowohl das TKG als auch die GIA die Rechte der TKU erheblich stärken, um Glasfasernetze in Mehrfamilienhäusern und anderen Gebäuden auszubauen und hiermit dem Ziel der Förderung eines flächendeckenden Glasfaserausbaus zu dienen. So erhalten TKU ein Zugangsrecht zu Gebäude- und Wohnungseinheiten sowie einen verbindlichen Anspruch zur Errichtung von Infrastruktur für den Glasfaserausbau in Gebäuden. Für die Immobilieneigentümer bedeutet dies, Mitwirkungspflichten und teilweise auch Eingriffe in ihr Eigentum dulden zu müssen.

Die zwei Ausbaumodelle und Möglichkeiten der Refinanzierung

Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen stellt sich beim Ausbau von Glasfaser in der NE4 auch die Frage nach dem Ausbaumodell und der Finanzierung der Ausbauprojekte. Im Rahmen des Ausbaus der NE4 stehen zwei gängige Ausbaumodelle zur Auswahl. Die Wahl eines bestimmten Modells obliegt den Immobilieneigentümern selbst. Jedes Ausbaumodell bringt unterschiedliche Rechte und Pflichten für diese mit sich.

Modell 1: Das TKU verantwortet den Ausbau

Im ersten Modell verantwortet ein TKU den Netzausbau und übernimmt den Betrieb sowie die Verwaltung des Glasfasernetzes selbst. Grundlage für die Errichtung des gebäudeinternen Netzes ist in der Praxis häufig ein Gestattungs- und Errichtungsvertrag, mit welchem der Gebäudezugang rechtlich abgesichert und die bauliche Umsetzung ermöglicht werden.

Die TKU können ihre Investitionskosten für den Ausbau des Netzabschlusses der Teilnehmer (NE4) auf verschiedene Weise refinanzieren:

Endkundentarife sind in Kobination mit Mitnutzungsentgelten oder dem Glasfaserbereitstellungsentgelt möglich:

Voraussetzung für das GBE ist, dass:

Das Glasfaserbereitstellungsentgelt kann von dem Eigentümer über die Betriebskostenabrechnung (vgl. § 2 Nr. 15c Betriebskostenverordnung (BetrKV)) auf die Mieter umgelegt werden. Die Umlage ist der Höhe und Dauer nach begrenzt. Aktuell darf ein Betrag in Höhe von fünf Euro pro Monat und Wohneinheit nicht überschritten werden. Eine Umlage ist grundsätzlich für maximal neun Jahre möglich. Der für den Betrieb des gebäudeinternen Netzes erforderliche Betriebsstrom ist für unbegrenzte Zeit umlagefähig. TKU und Eigentümer sollten vereinbaren, dass das TKU den Betrieb des gebäudeinternen Netzes dauerhaft übernimmt.

Wichtig ist insoweit, dass TKU und Eigentümer sich zwischen Mitnutzungsentgelten und GBE entscheiden müssen. Deckt das GBE die für den Ausbau durch das TKU erforderlichen Kosten nicht, übernimmt das TKU regelmäßig diese Mehrkosten. 

Modell 2: Der Immobilieneigentümer verantwortet den Ausbau

Im zweiten Modell lässt der Immobilieneigentümer das Netz in Eigenregie errichten.

Der Immobilieneigentümer überträgt meist die Netzadministration an einen Netzbetreiber und trägt die Ausbaukosten eigenständig. Für eine Refinanzierung kommen insbesondere die Modernisierungsumlage in Gestalt einer Mieterhöhung in Höhe von maximal 8 % der auf die Wohnung entfallenden Modernisierungskosten jährlich für einen unbegrenzten Zeitraum (vgl. § 559 Abs. 1 BGB i. V. m. § 555b Nr. 4a BGB) oder der Erhalt von Einnahmen aus einer Verpachtung des errichteten Netzes an ein TKU in Betracht. Die Finanzierung über eine Modernisierungsumlage setzt erstens den erstmaligen Anschluss der Mietsache mittels Glasfaser an ein öffentliches Netz mit sehr hoher Kapazität und zweitens die freie Netzanbieterwahl des Mieters voraus. Außerdem darf der Vermieter kein Glasfaserbereitstellungsentgelt als Betriebskosten umlegen oder umgelegt haben.

Sie wollen mehr? Sie bekommen mehr!

Werfen Sie einen Blick in Teil eins und drei unserer Artikel-Reihe zum NE4-Ausbau.

In Teil eins behandeln wir die Grundlagen des NE4-Ausbaus, angefangen bei der Frage warum der Ausbau der NE4 so wichtig ist bis hin zu den beteiligten Akteuren.

Im dritten und letzten Teil unserer Artikel-Reihe nehmen wir Sie mit zur Baustelle! Wir thematisieren den Ablauf des NE4-Ausbaus, gehen auf die Besonderheiten von Wohnungseigentümergemeinschaften ein und werfen zum Abschluss einen Blick in die Zukunft, auf die Netzebene 5. Der dritte Artikel wird am 24. November veröffentlicht.

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Baustelle NE4-Ausbau – Wie kommt die Glasfaser in die Wohnungen? (Teil 1)

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Glasfaser-Gebäudenetze: Ausbaumodelle und Umsetzung des NE4-Ausbaus für Wohnungswirtschaft und Hausverwaltungen 

Know-how zur Umsetzung des Glasfaserausbaus in Gebäuden: Ausbau-, Finanzierungsmodelle und rechtliche Rahmenbedingungen.
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Ausbau von Gebäudenetzen (Inhouse) in Mehrfamilienhäusern

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