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In unserem Interview mit Olaf Tölke (Koordinator Wärmewende und Breitband, IB.SH) sprechen wir über mögliche Synergien zwischen dem Glasfaserausbau und der Wärmewende. Wir thematisieren außerdem die Parallelen und Unterschiede der Voraussetzungen und Herausforderungen beider Transformationsprozesse.

Über Olaf Tölke

Olaf Tölke ist als Koordinator für den Glasfaserausbau und die Wärmewende bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) tätig. Zuvor war er ab 2005 im Finanzierungsgeschäft mit überwiegend öffentlichen Unternehmen aktiv, baute ab 2009 eine Abteilung für kommunale Infrastrukturfinanzierung auf und leitete später auch das konsortiale Firmenkundengeschäft der Bank. Die IB.SH beschäftigt sich seit 2007 intensiv mit dem Glasfaserausbau, den sie frühzeitig als zukunftsweisend erkannt und maßgeblich in Schleswig-Holstein mitfinanziert hat.

Gigabitbüro des Bundes: Sie haben bereits sehr früh begonnen, sich intensiv mit der Finanzierung von Glasfaserprojekten zu beschäftigen. Was waren für Sie die entscheidenden Faktoren, um damals überhaupt in dieses Feld einzusteigen? Was braucht es heute, damit vergleichbare Infrastrukturprojekte finanziell tragfähig gemacht werden können?

Olaf Tölke: Nach unserer Überzeugung gehört es zu unseren Aufgaben als Landesförderinstitut, wichtige Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen, zu analysieren, Handlungsoptionen abzuleiten und diese im Auftrag des Landes umzusetzen. Die Breitbandversorgung in Schleswig-Holstein war eine solche Entwicklung – insbesondere der Ansatz, direkt auf den Anschluss der Haushalte an das Glasfasernetz zu setzen, anstatt erstmal nur den Verteilerkasten anzuschließen.

Das Land hat über diese Strategie entschieden, sodass unsere Aktivitäten folgerichtig eingebettet werden konnten und eine gemeinsame, vertiefende Befassung mit diesem Ansatz folgte.

Es war herausfordernd, die Vorhaben auch finanzierbar, also kapitaldienstdeckend darstellen zu können. Unsere Aufgabe als Bank war es, Risiken zu identifizieren, die anfragenden Kommunen und Unternehmen zu unterstützen und die Transparenz der Investitionsentscheidung zu erhöhen.

Den Ansatz dafür haben wir in einem Netzwerk mit dem Land, Banken und Sparkassen sowie Beraterinnen und Beratern entwickelt. Das in Schleswig-Holstein entwickelte Betreibermodell, bei dem kommunale Zweckverbände die Finanzierung des ungeschalteten Netzes übernehmen, war ein wichtiger Schritt. Um sie zu unterstützen, haben die kommunalen Landesverbände eigens ein Breitbandkompetenzzentrum gegründet. Auch die kommunal getragenen Stadtwerke haben wesentlich zum Erfolg beigetragen.

Wenn Sie also fragen, was es heute für vergleichbare Infrastrukturinnovationen braucht, dann ist das genau der Punkt: Es braucht Menschen, die sich tief einarbeiten, Menschen mit Überzeugungskraft, und es braucht verlässliche Partnerstrukturen auf Landesebene, in den Banken und bei den Kommunen.

Gigabitbüro des Bundes: Welche Synergien sehen Sie zwischen dem Glasfaserausbau und der Wärmewende?

Olaf Tölke: Der zentrale Punkt ist doch: Wir wollen unsere Energieversorgung umbauen und weg von fossilen Energieträgern. Das führt aber dazu, dass unser gesamtes Energiesystem viel komplexer wird. Konsumentinnen und Konsumenten werden zu Produzentinnen und Produzenten, die Strom nicht nur verbrauchen, sondern auch einspeisen. Gleichzeitig haben wir einen massiven Ausbau von Wind- und Solaranlagen, wodurch unsere Netze teilweise überlastet sind.

Es geht darum, nicht mehr auf die maximal mögliche Belastung zu planen, sondern die tatsächliche Situation dynamisch zu steuern. Temperaturdaten an der Stromleitung, Stromerzeugung aus Wind und Sonne, Verbrauchsmuster im Quartier: All das lässt sich nur steuern, wenn die Daten sofort zur Verfügung stehen. Das ist klassische digitale Infrastruktur und das funktioniert in sensiblen Bereichen eben nicht mehr mit Kupfer, da braucht es Glasfaser.

Man kann das auch konkret auf die einzelnen Personen herunterbrechen: Ich selbst habe ein E-Auto vor der Tür, plane gerade eine Solaranlage aufs Dach zu bauen und bekomme derzeit Fernwärme. Vielleicht kommt künftig aber stattdessen eine Wärmepumpe dazu. Und dann könnte ich netzdienlich handeln, also Strom verbrauchen, wenn zu viel da ist, und vielleicht sogar Strom einspeisen, wenn das Netz es braucht. Das ist technisch machbar, aber nur, wenn eine digitale Steuerung dahintersteht. Und die braucht eben ein stabiles Breitbandnetz.

Das Kupfernetz wird das nicht mehr leisten können. Heute fühlen sich viele noch mit 250 Mbit/s gut versorgt, aber das wird sich sehr schnell ändern. Deshalb sehe ich die Synergien zwischen Glasfaser und Wärmewende ganz klar: Ohne die eine Technologie kann die andere ihr volles Potenzial nicht entfalten.

Gigabitbüro des Bundes: Der Herausforderung, Einzelpersonen die Dringlichkeit von Veränderungen zu vermitteln, begegnet man nicht nur in der Wärmewende, sondern auch beim Glasfaserausbau. Welche Parallelen und Unterschiede sehen Sie in den Voraussetzungen und Herausforderungen beider Transformationsprozesse?

Olaf Tölke: Der Glasfaserausbau und die Wärmewende sind am Ende beides Infrastrukturprojekte, nur eben auf unterschiedliche Arten. Beide Systeme funktionieren nur, wenn genügend Personen mitmachen. Wenn wir also zu wenig Abnehmerinnen und Abnehmer haben, dann trägt sich das wirtschaftlich nicht. Im Glasfaserausbau haben wir das so gelöst, dass es eine Auszahlung der Finanzierung nur gab, wenn vorher bereits eine bestimmte Quote an Verträgen unterschrieben war. Damit hatten wir eine gute Planungsgrundlage.

Bei der Wärmewende ist die Herausforderung eine andere: Selbst, wenn sich das Projekt zunächst zu rechnen scheint, haben wir ein Zeitproblem. Bei der Wärmeplanung sind die Abläufe ganz anders. Insbesondere Genehmigungen ziehen sich in die Länge, da kann es schon an einer einzelnen Baugenehmigung scheitern. Die IB.SH Energieagentur erstellt in jedem Einzelfall Businesspläne als Grundlage für die Finanzierungsentscheidung, die auch Worst-Case-Betrachtungen darstellt und Kipppunkte konkret benennt. So können auch die mitfinanzierenden Banken, denen wir das Ergebnis auf Wunsch zur Verfügung stellen sowie natürlich die Investorinnen und Investoren selbst transparent entscheiden.

Bei der verpflichtenden Aufgabe der kommunalen Wärmeplanung werden diese von einem am Breitbandkompetenzzentrum angebundenen Wärmekompetenzzentrum unterstützt im Schulterschluss mit der IB.SH Energieagentur, die die Umsetzung der Maßnahmen stärker in den Fokus nimmt.

Zusammenarbeit ist also der Schlüssel. Genau deshalb haben das Wirtschaftsministerium und die IB.SH beim Glasfaserausbau damals einen runden Tisch gegründet. In verschiedenen Veranstaltungsformaten sind wir mit allen Akteurinnen und Akteuren, Ministerien, Expertinnen und Experten, sowie Investorinnen und Investoren in den Austausch gegangen und haben auch klare Hausaufgaben verteilt: Wer muss was machen, bis wann? Das hat für Aufbruchstimmung gesorgt und letztlich dafür, dass der Ausbau so gut vorangeschritten ist.

Etwas Ähnliches machen wir auch für die Wärmewende. Wir haben im Auftrag des Ministeriums für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur im Rahmen der Energie- und Klimaschutzinitiative den runden Tisch Nahwärmenetze gegründet. Dieser dient dem Austausch zu Themen wie der Regulatorik, Wirtschaftlichkeit, Technik und insbesondere der Umsetzung: Was braucht es, damit diese Projekte wirklich gebaut werden können?

Die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) Breitband-Förderdarlehen bietet attraktive Konditionen für Kommunen und Unternehmen. Wie reagieren diese Zielgruppen auf das Angebot, und welche Projekte konnten dadurch bereits realisiert werden?

Olaf Tölke: Der Ausbaustand in Schleswig-Holstein liegt bei nahezu 80 Prozent homes passed. Wir waren bei sehr vielen Ausbauvorhaben als Unterstützer in der Vorbereitung und Entscheidungsfindung sowie als Mitfinanzierer beteiligt. Unsere Mitfinanzierung mit dem durch das Wirtschaftsministerium zinsverbilligten IB.SH Breitband-Förderdarlehen sowie weitere IB.SH Breitbanddarlehen umfasst weit mehr als 500 Millionen Euro. Unsere Hausbanken- und Sparkassen-Partner haben dabei nochmal mindestens die gleiche Summe investiert, da wir als Förderbank maximal 50 Prozent der Mittel bereitstellen.

Gigabitbüro des Bundes: Schauen wir zum Abschluss in die Zukunft: Wie schätzen Sie die Entwicklung der Wärmewende und des Glasfaserausbaus in den kommenden Jahren ein – sowohl in Schleswig-Holstein als auch vielleicht darüber hinaus?

Olaf Tölke: Beim Glasfaserausbau sind wir in Schleswig-Holstein Spitzenreiter. Das ist ein Erfolg, auf dem man jetzt aufbauen kann, und wir sind auch noch nicht am Ende. Es gilt jetzt, die Auslastung der Netze zu erhöhen. Die Nutzung sehr großer Skaleneffekte ist beim Betrieb von Glasfasernetzen ein logischer nächster Schritt. Dazu ist auf der Seite der Betreiber eine Open Access-Plattform entstanden und eine gemeinsame Betreibergesellschaft. Auf der Seite der kommunalen Netzeigentümer wird ebenfalls eine erweiterte Aufgabenteilung angestrebt. Außerdem laufen in wenigen Jahren die ersten Pachtverträge der Breitbandzweckverbände aus. Die Zeit danach muss rechtzeitig betrachtet werden.

Bei der Wärmewende glaube ich auch daran, dass es funktionieren kann, es wird aber deutlich komplizierter. Es braucht einfach eine viel differenziertere Betrachtung: Was passt wo, wer kann was leisten, und wie schnell kriegen wir das überhaupt genehmigt und gebaut?

Zusammengefasst lässt sich sagen: Der Glasfaserausbau schreitet weiterhin voran. Wir müssen aber dranbleiben. Die Wärmewende wird uns mehr herausfordern, aber mit der richtigen Koordination, mit Sektorenkopplung und realistischem Zeitplan ist das machbar.

Wir unterstützen den Glasfaser- und Mobilfunkausbau

Wenn Sie als Kommune verschiedene Infrastrukturprojekte umsetzen oder begleiten müssen, empfehlen wir Ihnen die Schulung „Kommunales Projektmanagement für den Glasfaserausbau von A bis Z“.

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