Verbesserung der Mobilfunkversorgung im Münsterland. Eine Case Study.
Die Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf sowie die Stadt Münster führten im Zeitraum von August 2019 bis Mai 2021 das Projekt „Aufklärungskampagne zu den Engpassversorgungen der Mobilfunkversorgung im Münsterland“ durch. Ziel war es, den aktuellen Status der Mobilfunkversorgung im Münsterland zu erfassen und dabei bestehenden Beschwerden der Unternehmen – wie Verbindungsabbrüchen und schlechter Verbindung – auf den Grund zu gehen. Die Umsetzung fand in enger Kooperation mit der Fachhochschule Südwestfalen (FH SWF) statt, die das Schwesterprojekt „Untersuchung zur Verbesserung der Mobilfunkversorgung im ländlich geprägten Raum“ durchführte. Beide Projekte wurden durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
Kurzprofil
- Projektzeitraum
- August 2019 – Mai 2021
- Gemeinden
- Stadt Münster, Kreis Borken, Kreis Coesfeld, Kreis Warendorf und Kreis Steinfurt
- Investitionsvolumen
- 200.000 € für beide Projekte zusammen – davon 80 % gefördert
- Mittelgeber
- Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW
- Projektpartner
- Fachhochschule Südwestfalen
Bekannte Probleme in der Netzabdeckung sollten zu Beginn untersucht werden
Immer wieder auftretende Beschwerden über mangelnde Netzabdeckung und Abbrüche bei der Nutzung von Internet und Telefonie, trotz guter Abdeckung auf dem Papier, brachten Mitte 2019 die Idee für das Projekt. Ein Zusammenschluss aus den vier Münsterland-Kreisen, der Stadt Münster und der FH Südwestfalen machte es sich zur Aufgabe, die Situation im jeweiligen Gebiet zu analysieren und Schwachstellen in der faktisch bereits gut ausgebauten Mobilfunkversorgung aufzudecken. Im Rahmen des Projekts sollten Funklöcher erkannt sowie weitere Ursachen für die negativen Erfahrungen der nutzenden Unternehmen und landwirtschaftlichen Betriebe ermittelt werden. Die Diskrepanz zwischen empfundener und realer Abdeckung sollte minimiert werden. Ein Fokus lag hierbei auch auf Überlegungen zum Einfluss der Versorgung durch die angrenzende Lage einiger betroffener Gebiete an das Nachbarland Niederlande.
Eine Umfrage konnte Diskrepanzen z. B. durch abschirmende Autos aufdecken
Die Umsetzung des Projektes erfolgte in vier Schritten. Im ersten Schritt wurde eine Analyse der aktuellen Versorgungssituation durchgeführt. In enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Verbänden und Kammern wurde eine umfangreiche, breit gestreute Umfrage an zahlreiche Unternehmen unterschiedlichster Branchen und insbesondere auch an landwirtschaftliche Betriebe adressiert. Diese sollte einen Überblick über bestehende Lücken in der Netzabdeckung, wie sie durch Benutzer*innen wahrgenommen werden, möglichst genau aufdecken. In den Umfrageergebnissen meldeten die Unternehmen wiederholt Verbindungsabbrüche bei Telefonaten oder der Internetnutzung. Das Problem: Viele Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe sind auf eine stabile Internetverbindung angewiesen, da sie moderne internetbasierte Technologien beispielsweise zum Fuhrparkmanagement oder dem Precision Farming, der ortsdifferenzierten und zielgerichteten Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen, einsetzen.
Im zweiten Schritt wurden die Daten aus den Umfrageergebnissen mit den Netzabdeckungsplänen der Mobilfunkanbieter verglichen und die sich daraus ergebenden Diskrepanzen markiert. Somit wurden diejenigen Gebiete identifiziert, welche laut der Pläne über eine ausreichende Netzabdeckung verfügen müssten. Dort sollten die gemeldeten Beschwerden im besonderen Maße untersucht werden.
Die FH Südwestfalen führte im dritten Schritt Messungen in diesen identifizierten Gebieten durch, um die reale Abdeckung möglichst genau abbilden zu können. Mithilfe von Messfahrten konnten die Signalstärken und Bandbreiten der verschiedenen Anbieter dokumentiert werden. Für eine Verortung wurden auf Basis der Messergebnisse detaillierte Karten erstellt.
Die Auswertung der Daten im vierten Schritt lieferte zahlreiche überraschende Erkenntnisse, die den betroffenen Mobilfunkanbietern bereitgestellt wurden.
Schlecht gewählte Verträge und dicke Mauern führten zu Problemen
Basierend auf den Ergebnissen der operativen Projektdurchführung konnten Abweichungen zwischen den Netzabdeckungsplänen und der Wahrnehmung vor Ort aufgedeckt werden. Allerdings stellte sich heraus, dass es auch Ursachen für eine als schlecht empfundene Abdeckung auf Nutzerseite gibt.
Dickes Mauerwerk und Autos ohne Mobilfunkantenne behindern die Nutzung des eigentlich guten Netzempfangs, der auf den Messfahrten außerhalb der Gebäude festgestellt werden konnte. Dieser gute Empfang ist hinter den Stahlbetonwänden in den Büros nicht mehr oder nur noch schwach vorhanden.
Des Weiteren stellten Mobilfunkverträge, die nicht auf eine ausreichend benötigte Bandbreite ausgelegt sind, ein Problem dar. Denn trotz guten Empfangs können so nur niedrige Bandbreiten genutzt werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Vertrag ohne LTE-Option gewählt wurde und die gewünschte Bandbreite dann durch einen älteren Mobilfunkstandard (2G und 3G) nicht erreicht werden kann.
Die Verbindungsprobleme in den grenznahen Gebieten werden zum Großteil durch die Mobilfunkmasten in den Nachbarländern verursacht, die weit in den deutschen Raum hinein strahlen. Der andauernde Netzwechsel beeinträchtigt so auch die Nutzung des eigenen Mobilfunknetzes.
Mit dem Projekt konnten wir Gründe für die Diskrepanz zwischen der objektiven und subjektiven Versorgungslage der Mobilfunkversorgung im Münsterland aufdecken und Lösungsansätze für Schwachstellen entwickeln.
Marie Klostermann, Projektkoordinatorin Kreis Steinfurt
Da die Ursachen für die Netzprobleme durch das Projekt offengelegt wurden, konnten mehrere Lösungsansätze entwickelt werden, um die Mobilfunkverfügbarkeit in Zukunft spürbar zu verbessern.
Zum einen wurde ein Dialog zwischen Öffentlicher Hand und Mobilfunknetzbetreibern initiiert, der die künftige Zusammenarbeit erleichtern soll. Von den Kommunen können aufgrund der Ergebnisse explizit Standorte für neue Masten identifiziert und vorgeschlagen werden.
Für Unternehmen wurde ein Leitfaden entwickelt, der sie über die entscheidenden Punkte bei der Wahl des Mobilfunkvertrags aufklärt. Dieser soll sie dabei unterstützen, genau das Leistungspaket zu wählen, welches zu ihren Erwartungen und Anforderungen passt. Beispielsweise wird empfohlen alternative Telefonie-Möglichkeiten wie Voice over LTE und WLAN-Calling zu nutzen.
Ergänzend zu diesen Maßnahmen wurde auch eine Handreichung für Vertreterinnen der öffentlichen Hand erarbeitet, die umfangreich Hintergründe und Zusammenhänge für Versorgungsmängel darstellt und Vorschläge zur langfristigen Beseitigung von Versorgungsproblemen macht, wie beispielsweise die Einführung einer Stelle zur Mobilfunkkoordination, die die Landkreise in diesem Bereich als Ansprechperson bzw. Expertin vertritt sowie den Mobilfunkausbau in der Region vorantreiben soll.
Fazit
Die Zusammenarbeit zwischen der FH Südwestfalen, der Stadt Münster und den umliegenden Kreisen legte den Grundstein für die nachhaltige und kontinuierliche Verbesserung der Versorgungslage im Münsterland. Unternehmen werden durch ausführliche Leitfäden bei der Nutzung und Wahl der richtigen Tarife unterstützt und durch eine enge Kooperation zwischen Anbietern und Politik kann der Ausbau zukünftig schneller und effektiver vorangetrieben werden. Durch das Projekt wurde so auch die Zufriedenheit in den Unternehmen und landwirtschaftlichen Betrieben gesteigert.
Weiterführende Informationen zur Mobilfunkstudie Münsterland finden sie hier.