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Weiße Flecken und ein lückenhafter Gigabitausbau sollen im Neckar-Odenwald-Kreis bald der Vergangenheit angehören. Das Projekt zum flächendeckenden Ausbau der regionalen Gigabitinfrastruktur kommt ohne Fördermittel und Steuergelder aus.

Offizieller Spatenstich im Juni 2021 © BBV Deutschland

Kurzprofil

Projektstart (Ausbau)
Juni 2021
Projektende
Ende 2024
Haushalte
60.400 (knapp 44.000 Gebäude)
Gemeinden
27
Investitionsvolumen
Über 120 Millionen Euro
Mittelgeber
Deutsche Tochter Infrafibre Germany des britischen Infrastrukturinvestors Infracapital
Zuständiges Unternehmen für den Ausbau
Breitbandversorgung Deutschland GmbH (BBV Deutschland), Vermarktung unter der Marke „toni“.
Ziel der verfügbaren Datenrate
Bereitgestellt werden Datenraten von 300 Mbit/s bis 1 Gbit/s mit symmetrischen Geschwindigkeiten als Standard

Flächendeckender Ausbau statt Lückenschließung

Im Jahr 2018 wurde der Landkreis Neckar-Odenwald zu 97 % mit Vectoring erschlossen, wodurch höhere Bandbreiten von bis zu 100 Mbit/s in weiten Teilen des Kreises ermöglicht wurden. Durch die technischen Eigenschaften ist der Einsatz der Vectoring-Technologie allerdings exklusiv nur durch einen Betreiber möglich. Diese technologiebezogene Exklusivität kann dazu führen, dass die Ausbauprojekte weiterer Netzbetreiber, die nachträglich Rand-, Gewerbegebieten und Schulen mit Glasfaser erschließen wollen, wirtschaftlich oft nur schwer darstellbar sind.

Diese Situation trat im Landkreis Neckar-Odenwald Anfang des Jahres 2020 ein: Trotz bereitstehender Fördermittel des Bundes in Höhe von 28 Millionen Euro konnte kein Netzbetreiber für den Ausbau von Rand-, Gewerbegebieten und Schulen gefunden werden. Daraufhin bekundete der Netzbetreiber BBV Deutschland im Februar 2020 Interesse und brachte anstelle des vereinzelten und auf Fördergeldern basierenden Ausbaus einen Alternativvorschlag ein: den privatwirtschaftlichen flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes in allen 27 Kommunen des gesamten Landkreises, ohne Förder- und Steuergelder und mit „Open Access“ für andere Anbieter. Dadurch soll sowohl eine hohe Transparenz als auch eine hohe Marktdurchdringung erreicht werden.

Ein privatwirtschaftlicher Ausbau erfolgt in der Regel nur, wenn sich die jeweilige Region und der Umfang des Projektes als wirtschaftlich erweisen. Dieser ist von einer Vorvermarktungsphase und einem Engagement (meist) mehrerer Investoren gekennzeichnet, um eine Grundfinanzierung und einen ausreichenden Kundenstamm nach dem Ausbau zu garantieren.

Die BBV setzt bei Glasfaserausbauten auf Verdichtung und baut im Rahmen eines weiteren Projektes aktuell 11 Kommunen des benachbarten Rhein-Neckar-Kreises, die direkt an den Neckar-Odenwald-Kreis grenzen, flächendeckend aus. Der Landkreis Neckar-Odenwald und die BBV Deutschland arbeiten bei der Entwicklung eines flächendeckenden Ausbaukonzeptes von Beginn an sehr eng zusammen. Basierend auf dieser Kooperation, die bis in alle 27 Kommunen hinein besteht, konnte ein passendes Projektformat aufgesetzt werden.

Optimierte flächendeckende Konzeption durch weitreichende Kommunikation

Ein wichtiger Faktor, der für Transparenz und zentrale Wissensweitergabe sorgt, ist die stetige Informationsweitergabe an die Bürger*innen und beteiligten Vertreter*innen der Kommunen und des Kreises. So können Ausbauschritte mit dem Kreis und den Kommunen und deren Zeitablauf für alle sichtbar koordiniert werden. Bei der Planung, Kostenschätzung und Erstellung eines ersten Zeitplanes hat der Netzbetreiber mit dem Landkreis und direkten Ansprechpersonen aus jeder Kommune kommuniziert.

Der 1.100 Quadratkilometer große Landkreis wurde in verschiedene Ausbaucluster aufgeteilt. Konkrete Planungen für den Auf- und Ausbau der kreisweiten Glasfaserverbindungsstrecken und der Infrastrukturen in den einzelnen Gemeinden erfolgen auf Grundlage der Grobplanungen und der festgelegten Ausbaucluster.

Für das redundante Glasfasernetz in dem Landkreis wird zunächst eine Achse zwischen Norden und Süden errichtet. Möglichst zeitnah wird daher eine Verbindung der Glasfaserinfrastruktur zwischen Buchen im Norden und dem Backbone-Zugang im südlichen Cluster Aglasterhausen geschaffen. Im zweiten Schritt können dann Ausbauarbeiten schrittweise in alle Richtungen der angrenzenden Kommunen erfolgen. Zudem wird in Buchen und den angrenzenden Gemeinden seit rund einem Jahrzehnt gezielt durch die Stadtwerke Buchen eine Glasfaserstruktur errichtet, die BBV als Partner übernimmt und für den Ausbau nutzt. In allen anderen Kommunen wird bis Ende 2024 ein neues flächendeckendes Netz entstehen. Durch die vorvertragliche Anfrage an verschiedene regionale und überregionale Tiefbauunternehmen standen bereits mehr als 15 Unternehmen für den Ausbaustart Ende Juni 2021 bereit.

Nutzung bestehender Strukturen und Netzwerke für eine gelungene Kommunikation

Besondere Hürden entstanden anfangs bei der Vermarktung durch die pandemiebedingten Restriktionen. Die direkte Ansprache und Kommunikation mit den privaten Haushalten und Betrieben erwies sich zunächst als problematisch. In einem Großteil des Landkreises erfolgte bereits 2018 die Aufwertung der bestehenden Kupferkabelinfrastruktur mit der Vectoring-Technologie. Um Bürger*innen dennoch von einem Wechsel zu überzeugen, wurde eine messbar verbesserte Leistung sowie Botschafter*innen vor Ort benötigt.

Konditionen, wie verbesserte Leistungen mit symmetrischen Geschwindigkeiten von 300 Mbit/s bis 1 Gbit/s sowie die Einführung einer einmonatigen Vertragslaufzeit für alle Internetverträge, erhöhten die Akzeptanz der Glasfaser und des Angebots in der breiten Bevölkerung. Eigens für die Vorvermarktung errichtete Shops als persönliche Anlaufstelle haben aufgrund der Pandemie eine relativ geringe Relevanz erfahren, da diese nur für kurze Zeit geöffnet waren. Allerdings sollen die Shops teilweise langfristig für die Nachvermarktung und den Kontakt mit der Kundschaft genutzt werden.

Das Vorvermarktungsziel von 13.600 Vorverträgen wurde um mehr als 50 % mit inzwischen 24.000 Verträgen übertroffen. Damit haben sich bereits vor dem ersten Spatenstich 34 % aller Haushalte und Unternehmen im Kreis für einen Wechsel zur Glasfaser entschieden.

Fazit

Die breit gefächerte und funktionierende Kommunikation innerhalb der Kommunen (z.B. durch Vereine oder bereits in der Gemeinschaft verankerte Strukturen) sowie feste Ansprechpersonen und eine frühzeitige Planung des Ausbaus haben sich als essenziell für den erfolgreichen eigenwirtschaftlichen Gigabitausbau im Landkreis Neckar-Odenwald erwiesen. Ein detailliertes Konzept ließ eine frühzeitige Anfrage des Netzbetreibers an Tiefbauunternehmen zu und stellt mit der Zusammenarbeit der Kommunen sicher, dass keine Gebiete vernachlässigt oder regionale Besonderheiten unterschätzt werden.

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