Synergien und das Telekommunikations-gesetz im Gigabitausbau
Beim Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur hin zu Gigabitnetzen ist das Verlegen von Glasfaserkabeln zur Erschließung von Gebäuden ein erheblicher, wenn nicht sogar der größte Kostenblock. Durch mehr Transparenz, eine verbesserte Zusammenarbeit und vorausschauende Planung (z.B. Mitnutzung, Mitverlegung) lassen sich beim Gigabitausbau aktiv Synergien identifizieren und nutzen. Dadurch werden Kosten gespart, Aufwände verringert und Ressourcen gebündelt.
Synergien richtig nutzen
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie sich Synergien für den Gigabitausbau gestalten lassen, beispielweise durch die Nutzung vorhandener Infrastrukturen oder die Mitverlegung bei aktuellen bzw. geplanten Bauarbeiten in der Region:
- Die weitreichenden Infrastrukturen der Versorgungswirtschaft, wie beispielsweise Zu- und Abwasserkanäle, bieten großes Potenzial für die Erschließung unterversorgter Gebiete mit Breitbandanschlüssen. So können bei Bauvorhaben Glasfaserkabel direkt mitverlegt oder nachträglich mithilfe von speziellen Robotern in die Rohre eingezogen werden.
- Durch die Mitnutzung von bestehenden Kabelinfrastrukturen, Leerrohren und Glasfasernetzen, die bereits von der Privatwirtschaft (beispielsweise Energieversorger, Deutsche Bahn) installiert wurden, können ebenfalls Einsparungen beim Aufbau einer flächendeckenden Gigabitversorgung erreicht werden.
- Auch im Zuge der Sanierung bzw. des Aus- und Neubaus von Verkehrsinfrastrukturen (Autobahnen, Straßen, Geh- und Fahrradwege) kann eine gleichzeitige Verlegung von Leerrohren erfolgen.
Darüber hinaus können durch die Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen oder gemeinsam durchgeführte Baumaßnahmen Behinderungen des Verkehrs sowie eine Belästigung der Anwohner auf ein Mindestmaß verringert werden.
Moderne Legemethoden, die beim Ausbau digitaler Infrastruktur zum Einsatz kommen (u.a. Microtrenching), erlauben in der Regel einen kosteneffizienten Ausbau im Vergleich zum konventionellen Tiefbau.
Baumaßnahmen können reduziert und damit die Behinderung des Verkehrs sowie eine Belästigung der Anwohner auf ein Mindestmaß verringert werden.
Als Instrument zur Identifikation und Nutzung vorhandener Infrastrukturen schafft die zentrale Informationsstelle des Bundes Transparenz. Sie bietet einen Überblick über öffentliche und private Infrastrukturen, die grundsätzlich für den Aufbau von Gigabitnetzen geeignet sind. Dazu zählen beispielsweise vorhandene Glasfaserleitungen, Leerrohre, Funktürme, Masten und Funkstationen. Die Daten stammen von Infrastrukturinhabern unterschiedlicher Branchen und Bereiche, wie beispielsweise Telekommunikationsanbietern, Energienetzbetreibern, aber auch öffentlichen Einrichtungen. Darüber hinaus informieren einzelne Länder und Kommunen mittels Datenbanken und GIS-Systemen über anstehende Bauvorhaben.
Das Telekommunikationsgesetz schafft in Teil 8 „Wegerecht und Mitnutzung“ den rechtlichen Rahmen für die konsequente Nutzung von Synergien
Mit dem Beschluss zum „Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze“, kurz DigiNetzG (2016 in Kraft getreten), wurden eine Reihe von Neuregelungen in das Telekommunikationsgesetzes (TKG) eingeführt. Durch die Gesetzesnovellierung wurden vor allem die Mitnutzungsansprüche und die Mitverlegungspflicht im Rahmen der Sicherstellungsverpflichtung erweitert.
Das DigiNetz-Gesetz schuf damit die Voraussetzungen, die zur Verfügung stehenden Synergiechancen beim Ausbau digitaler Infrastruktur deutlich besser aus zu schöpfen. Versorgungsnetze für Energie und Abwasser sollten ebenso wie Infrastrukturen von Straßen, Schienen- und Wasserwegen für den Breitbandausbau mitgenutzt werden können. Zudem sollten Baumaßnahmen koordiniert und Transparenz über mitnutzbare Infrastrukturen geschaffen werden. Die Regelungen zur Mitnutzung und Mitverlegung bleiben im Rahmen der Umsetzung des Telekommunikationsmodernisierungsgesetzes (TKModG, in Kraft ab 01.12.2021) als Novellierung des Telekommunikationsgesetzes fast unverändert bestehen – allerdings wurde der Mitverlegungs- und Mitnutzungsanspruch mit der neuen Begrifflichkeit „Netze mit sehr hoher Kapazität“ (siehe § 3 Nr. 33 TKG) verknüpft.
Bei Baustellen an Verkehrswegen muss der weitere Bedarf für den Breitbandausbau durch Mitverlegung von passiven Netzinfrastrukturen für ein Netz mit sehr hohe Kapazität (Mitverlegung von Leerrohren) erfüllt werden. Bei der Erschließung von Neubaugebieten wird die Mitverlegung von passiven Netzinfrastrukturen immer gewährleistet.
Eine zentrale Informationsstelle und eine nationale Streitbeilegungsstelle bei der Bundesnetzagentur begleiten die praktische Verwirklichung dieser Maßnahmen. Der bereits bestehende Infrastrukturatlas der Bundesnetzagentur wird zu einem umfassenden Informationsmittel ausgebaut. Die nachfolgende Listung enthält eine (nicht abschließende) Übersicht an Informationsquellen, die bei der Umsetzung der komplexen Regelungen des Teil 1 „Wegerechte und Mitnutzung“ Hilfestellung geben oder aber Verfahrensbedingungen festlegen.
Weitere Hilfestellungen
Als Nationale Streitbeilegungsstelle ist bei der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) die Beschlusskammer 11 für die außergerichtliche Schlichtung von Konflikten verantwortlich. Die Streitbeilegungsstelle führt die in § 149 TKG benannten Schlichtungsverfahren durch, dabei handelt es sich um
- Verfahren über die Mitnutzung öffentlicher Versorgungs- und Telekommunikationsnetze einschließlich der Mitnutzungsentgelte (§ 149 Abs. 1 bis 3 TKG),
- Verfahren zur Transparenz passiver Netzinfrastrukturen einschließlich der Prüfung ihrer Eignung vor Ort (§ 154 Abs. 4 TKG),
- Verfahren zur Koordinierung von Bauarbeiten passiver Netzinfrastrukturen für ein Netz mit sehr hoher Kapazität und der Mitverlegung (§149 Abs. 1 Nr. 3 TKG) sowie
- Verfahren zur Mitnutzung gebäudeinterner Netzinfrastruktur einschließlich der Mitnutzungsentgelte (§ 149 Abs. 5 TKG).
Antragsberechtigt sind die Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze und die Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze. Die Dauer der Streitschlichtungsverfahren beträgt, ab Eingang des vollständigen Antrags, in Verfahren nach § 149 Abs. 1 Nr. 1 und 5 TKG vier Monate, in den übrigen Verfahren 2 Monate. Bei außergewöhnlichen Umständen können die Verfahren um bis zu 2 Monate verlängert werden.
Mit dem Inkrafttreten des TKModG werden in den §§ 78 ff TKG die Aufgaben der zentralen Informationsstelle (ZIS) erweitert. Diese umfassen unter anderem Informationen zu Infrastrukturen (Einrichtungen, die zu Telekommunikationszwecken genutzt werden und der Mitnutzung zur Verfügung gestellt werden können), zum Breitbandausbau und zur Breitbandverfügbarkeit, über den künftigen Netzausbau, über Baustellen (zur Mitverlegung) und über Liegenschaften (,die für einen möglichen Mobilfunkstandort geeignet sind).
Mitnutzungsinformationen stellen detaillierte Informationen dar, die für die Mitnutzung passiver Infrastrukturen öffentlicher Versorgungsnetze zur Vorbereitung eines Mitnutzungsanspruchs nach § 136 Abs. 1 TKG in Frage kommen.
Gemäß § 86 TKG wird durch eine durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zu beschließende Verordnungsermächtigung noch die genaue Form, das technische Format und der Detailgrad für die zentrale Informationsstelle des Bundes nach § 78 Abs. 1 TKG festgelegt.
Mit dem Inkrafttreten des TKModG behalten die Vorgaben zur Sicherstellungsverpflichtung bei Verkehrsbaustellen auf öffentlichen Straßen, die eine ursprünglich geplante Dauer von acht Wochen überschreiten, weitestgehend Gültigkeit. Allerdings wurde der Gesetzestext gem. § 146 Abs. 2 TKG auf die neue Begrifflichkeit zur Herstellung passiver Infrastrukturen für Netze mit sehr hoher Kapazität angepasst. Die Verpflichtung zur Verlegung unbeschalteter Glasfaser wurde in diesem Zusammenhang gestrichen. Bei Neubaugebieten ist die Verlegung passiver Netzinfrastrukturen stets zu gewährleisten.
Zur Umsetzung der Sicherstellungsverpflichtung gemäß § 146 Abs. 2 hatte die AG Digitale Netze des BMDV bereits nach Inkrafttreten des DigiNetz-Gesetzes Handreichungen für ein Prüfkonzept sowie ein Materialkonzept erarbeitet. Kernelement des Prüfkonzepts ist ein Prüfschema (Checkliste) zum gesetzlichen Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand. Bis auf die Verpflichtung zur Verlegung von Glasfasern behalten diese Dokumente auch mit der Inkrafttreten der letzten Gesetzesnovellierung ihre Gültigkeit. Mit dem Materialkonzept wird ein möglichst genauer technischer Rahmen beschrieben, der sich auf den erforderlichen Mindeststandard beschränkt und bei dessen Anwendung der Rechtspflicht aus § 146 Abs. 2 TKG Genüge getan ist.
Mit dem Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 07/2020 hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Richtlinien für die Benutzung der Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes (Nutzungsrichtlinien) überarbeitet und den Ländern zur Einführung empfohlen. Die Nutzungsrichtlinien enthalten Handlungshinweise zur Mitnutzung passiver Netzinfrastruktur der Bundesfernstraßen, zur Mitverlegung passiver Netzinfrastruktur oder aber zur Koordinierung von Bauarbeiten. Das Regelwerk enthält überdies in den Anlagen entsprechende Vertrags-, Bescheid- und Antragsmuster.
Die Deutsche Bahn hat in einem separaten Dokument wesentliche Informationen zur Mitbenutzung von Eisenbahninfrastruktur im Rahmen des Altparagraphen § 77b ff TKG a.F. (neu: §§ 79 ff TKG) (Nutzungsbedingungen, Antragsverfahren, Entgelte, Ansprechpartner) zusammengestellt. Formulare und Dokumente können dort heruntergeladen werden.
Informationen, Checklisten und Antragsformulare zur Verlegung von Leitungen auf Gelände der Deutschen Bahn und der Kreuzung durch TK-Linien werden auf einer separaten Webseite bereitgestellt.
Für die Mitnutzung von Wasserstraßen ist ein Nutzungsvertrag mit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) notwenidg. Mehr Informationen zum Abschluss eines Nutzungsvertrages stellt die WSV hier bereit.
Die VKU-Arbeitsgruppe „Mitnutzung/Mitverlegung nach dem DigiNetzG“ hat in einem Hinweispapier für die kommunale Abwasserwirtschaft dargelegt, welche Vorgaben das DigiNetz-Gesetz für die kommunale Abwasserwirtschaft vorsieht. Das Dokument gibt Betreibern von Abwasserinfrastrukturen einen Überblick über die relevanten neuen Regelungen des TKG und Hinweise für die vertragliche Gestaltung.
Das Merkblatt DWA-M 137-1 stellt die Bedingungen und die Auswirkungen einer gemeinsamen Nutzung von Kanalnetzen zur Abwasserableitung und für den Betrieb von elektronischen Kommunikationseinrichtungen dar und bewertet diese aus Sicht der jeweiligen Betreiber der Systeme (Kanal- und Kommunikationsnetz). Hinweise zu vertraglichen Regelungen für Einbau und Betrieb von elektronischen Kommunikationseinrichtungen in Abwasseranlagen finden sich im Anhang. Das Merkblatt richtet sich an Kommunen, Abwasserbeseitigungspflichtige und Kabelnetzbetreiber, die sich mit dem Einbau von Kabeln in Entwässerungssystemen beschäftigen.
Die von der AG Digitale Netze des Bgearbeitete Broschüre „Verlegetechniken für den Breitbandausbau“ bietet eine Bestandsaufnahme der sogenannten „untiefen Verlegetechniken“ und beschreibt die gängigen Methoden zur mindertiefen Verlegung. Neben deren Einsatzzwecken und Einsatzbereichen werden auch Vor- und Nachteile gegenüber der klassischen Grabenbauweise dargestellt. Ergänzend enthält die Broschüre Auszüge aus relevanten Regelwerken, die direkt oder indirekt Bestimmungen zur Festlegung von Grabentiefen zur Verlegung von Leitungen enthalten.
Synergien nutzen, Ressourcen bündeln
Synergien zu nutzen ist nicht nur die Basis jeder erfolgreichen Kooperation, sondern vor allem eine geeignete Möglichkeit zur Kostenreduzierung. Mit der Einführung des DigiNetzG 2016 machte das BMVI außerdem den Weg für eine neue Dynamik beim Ausbau von Glasfaserinfrastruktur frei, indem bei jeder Baustelle an Verkehrswegen der weitere Bedarf für den Breitbandausbau durch Mitverlegung von passiven Netzinfrastrukturen erfüllt werden soll. Das Gigabitbüro des Bundes steht Kommunen bei Fragen rund um das Thema TKG jederzeit zur Verfügung.