Interview-Reihe: Aktivitäten der Bundesländer im Bereich Mobilfunk – Niedersachsen
Digitale Dienste nutzen, immer und überall verfügbar sein – inzwischen sind mobile Anwendungen fester Bestandteil unseres Alltags und funkbasierte Übertragungstechniken damit unverzichtbar geworden. Um den weiteren Ausbau in Deutschland voranzubringen, gibt es, flankierend zu den Anstrengungen der Netzbetreiber, auch verschiedene Initiativen auf Bundesebene sowie auf Ebene der Länder. In unserer Interviewreihe, die wir kontinuierlich erweitern werden, sprechen wir mit Vertretern verschiedener Bundesländer, wie sie den Mobilfunkausbau aktiv mitgestalten: Ganz aktuell stellt sich Matthias Scharf, Berater WLAN und 5G im Breitbandzentrum Niedersachsen-Bremen (BZNB), unseren Fragen.
Auf Ihrer Website haben wir die öffentliche Konsultation zu einem neuen Förderprogramm gefunden. Wie ist hier der aktuelle Status?
Matthias Scharf: Die Mobilfunkstrategie des Landes Niedersachsen ist vielseitig und besteht unter anderem aus der Novellierung der Niedersächsischen Bauordnung, der Bereitstellung landeseigener Liegenschaften für den Mobilfunkausbau. Förderprogramme im engeren Sinne sind mit der Niedersächsischen Mobilfunkrichtlinie und der Campusnetz-Richtlinie geplant. Die Konsultationen zu den beiden letzteren Maßnahmen sind auch auf der Website des BZNB veröffentlicht worden. Die Mobilfunkrichtlinie wurde von der Europäischen Kommission notifiziert und eine Veröffentlichung ist für das 1. Quartal 2021 vorgesehen. Die Campusnetz-Richtlinie befindet sich in der letzten Phase der landesinternen Abstimmung und die Veröffentlichung ebenfalls für das 1. Quartal 2021 geplant.
Können Sie das geplante Förderprogramm (und die beiden Fördervarianten) in Kürze beschreiben?
Matthias Scharf: Die Förderansätze des Landes Niedersachsen sind, wie schon an der Mobilfunkstrategie des Landes abzulesen ist, zahlreich und umfassen mehrere Ansätze. Die beiden geplanten Förderrichtlinien, beziehungsweise die daraus resultierenden Fördervarianten kann ich Ihnen gerne beschreiben. Lassen Sie mich dabei zunächst auf die Förderung nach der Mobilfunkrichtlinie eingehen:
Das Land Niedersachsen hat im Herbst 2020 ein Markterkundungsverfahren (MEV) zum Stand der Mobilfunkversorgung in Niedersachsen abgeschlossen. Wir freuen uns, dass sich alle Netzbetreiber an dem MEV beteiligt haben, so dass aussagekräftige Daten für die Abgrenzung der Funklöcher für die Förderung zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse stellen die Grundlage für die Ermittlung der förderfähigen Gebiete der Mobilfunkförderung dar. Da die Kommunen Antragsteller sind, nehmen die Kommunen die Priorisierung der Fördergebiete vor.
Zuwendungsempfänger können Landkreise, kreisfreie Städte, die Region Hannover oder deren öffentlich rechtliche Zusammenschlüsse sowie kommunale Unternehmen sein. Förderfähig ist die passive Infrastruktur zur Bereitstellung von LTE-Technik oder Folgestandard. Das bedeutet insbesondere Mast, Fundament, Zuwegung, Stromanbindung, Leerrohre sowie die damit verbundenen Verlegungsarbeiten. Auch die Planungskosten sind zuwendungsfähig.
Wie im Gigabitausbau sieht die niedersächsische Mobilfunkrichtlinie die Förderung im Betreibermodell (Zuwendungsempfänger baut Infrastruktur und verpachtet diese) oder im Wirtschaftlichkeitslückenmodell (Ausschreibung des Baus und Betriebs der passiven Infrastruktur) vor.
Wichtig ist noch zu erwähnen, dass die Einnahmen und Ausgaben, die im Rahmen des Betriebs der geförderten Infrastruktur anfallen, nicht mit den zuwendungsfähigen Gesamtausgaben zu verrechnen sind.
Der Förderhöchstbetrag je Sendestandort beträgt 350.000 Euro.
Und die Campus-Netz Förderung?
Matthias Scharf: Die zweite geplante Förderung ist die Campusnetz-Förderung des Landes Niedersachsen. Diese richtet sich an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, öffentliche und kommunale Unternehmen, Kommunen, Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts, Forschungseinrichtungen einschließlich Hochschulen in staatlicher Trägerschaft und Kleinstunternehmen sowie Unternehmen, die im Agrarsektor, d. h. in der Primärproduktion, Verarbeitung oder Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätig sind.
Gefördert werden Investitionen zur Bereitstellung und Nutzung von Funktechnologie für den Betrieb eines 5G-Campusnetzes und zu Forschungszwecken.
Inwieweit spielt der 5G-Ausbau bei den aktuellen Mobilfunk-Aktivitäten schon eine Rolle? Werden hier Anreize gesetzt, um künftige Anforderungen bereits heute zu berücksichtigen?
Matthias Scharf: Der Ausbau der 5G-Technologie geschieht natürlich vorrangig im privatwirtschaftlichen Umfeld. Die ersten Antennen in Niedersachsen und Bremen sind bereits in Betrieb. Durch die Mobilfunkstrategie des Bundes und der Länder werden außerdem starke Anreize gesetzt die Mobilfunkversorgung zu optimieren und einen schnellen Ausbau mit 5G zu erleichtern.
Die Mobilfunkrichtlinie sieht eine Mindestbandbreite im Zielgebiet von 50 Mbit/s vor. Die zu errichtenden Mobilfunkmasten sind nicht zwangsläufig mit Glasfaser anzubinden.
Zu einer Beschleunigung und Vereinfachung des flächendeckenden Ausbaus der Mobilfunk-versorgung soll auch die Novellierung der Niedersächsischen Bauordnung beitragen, die im November vergangenen Jahres verabschiedet wurde. Mit der Novelle werden die kommunalen Bauämter beim 5G-Ausbau deutlich entlastet, indem z.B. höhere Antennen und mobile Masten für einen längeren Zeitraum verfahrensfrei gebaut werden dürfen und die nachträgliche Anbringung von Antennen an Funkstationen vereinfacht wird.
Beim Mobilfunkausbau fehlt es zudem oft an überhaupt geeigneten Flächen, was im Kontext des 5G Ausbaus deutlich wird. Mit den im Dezember 2020 gemeinsam mit dem Niedersächsischen Finanzministerium erarbeiten Muster-Mietverträgen sollen den Mobilfunknetzbetreibern landeseigene Liegenschaften transparent zu festgelegten Konditionen zur Verfügung gestellt werden. So kann die Zeit, die das Verfahren zur Standortfindung mit der Suche nach Eigentümern und der Verhandlung von Nutzungskonditionen dauert, effizient reduziert werden.
Wie möchten Sie Kommunen unterstützen, geeignete Standorte zu finden, sodass hierfür nach Errichtung der passiven Infrastruktur auch ein Netzbetreiber für den Betrieb gefunden wird?
Matthias Scharf: Wir bieten den Kommunen bereits jetzt die Möglichkeit den Mobilfunkunternehmen geeignete Standorte zu melden, um die Akquisition neuer Standorte für die Verbesserung des Mobilfunkausbaus zu verkürzen. Dazu haben wir ein sehr nutzerfreundliches Tool entwickelt, das die Vertreter der Kommunen auf unserer Website finden.
In einer Karte kann der Standort ausgewählt werden und die relevanten Daten zu der Liegenschaft hinterlegt werden, die wir an die Mobilfunknetz- und Towerbetreiber weiterleiten. Dieses Tool soll nun erweitert werden, indem die Mobilfunknetzbetreiber Suchanfragen für Standorte mit einem Suchradius auf unserer Website auf einer GIS Plattform melden können, um im Anschluss in Kommunikation mit den Kommunen zu treten. In dem digitalen Standortfindungsprozess suchen die Kommunen auf Basis der Suchkreise der Netzbetreiber nach geeigneten Standorten und geolokalisieren diese in dem GIS. Diese Anwendung wird zurzeit von unserem Haus entwickelt.
Aber auch in den Förderverfahren ist ein enger Austausch zwischen Kommunen und den Mobilfunkunternehmen wichtig, dort und bei der Standortauswahl unterstützen wir selbstverständlich. Zum einen liegen uns die Daten aus der Meldung des MEVs vor zum anderen wird nach einem Interessenbekundungsverfahren eine projektspezifische Markterkundung durchgeführt.
Das Land engagiert sich in dem mobilen Gigapakt für Niedersachsen und steht im engen Austausch mit den Mobilfunkanbietern und dem Breitbandzentrum Niedersachsen-Bremen (siehe Website). Wie sieht die aktuelle Mobilfunkabdeckung aus? Können Sie sagen, wann auch die letzten Funklöcher beseitigt sein sollen?
Matthias Scharf: Niedersachsen nimmt im Vergleich mit den restlichen Flächenländern in Deutschland den 3. Platz der Flächenländer in der Versorgung mit Mobilfunk ein.
Im Folgenden finden Sie eine kurze Zusammenfassung zum Mobilfunkausbau in Niedersachsen in 2020. Die aktuelle Versorgungslage (Dez. 2020) gestaltet sich laut Angaben der Netzbetreiber in Niedersachsen wie folgt:
LTE-Versorgung der niedersächsischen Haushalte:
- Telefónica: 98%
- Vodafone: 99%
- Telekom: 99,1%
LTE-Versorgung der niedersächsischen Fläche:
- Telefónica: 87%
- Vodafone: 97,8%
- Telekom: 93%
Wir arbeiten gemeinsam mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung und den Kommunen an der Beseitigung der letzten Funklöcher, um das gemeinsame Ziel einer flächendeckenden Mobilfunkversorgung schnellstmöglich zu erreichen.