„Die wichtigste Entwicklung im Ausbau der Inhouse-Netze ist die Steigerung der verfügbaren Bandbreite“ – Carsten Engelke im Gespräch mit dem Gigabitbüro
Die Telekommunikationsanbieter bauen ihre Netze immer weiter aus. Damit rücken moderne, leistungsfähige und innovative Netzinfrastrukturen immer näher an die zu versorgenden Gebäude heran. Den gebäudeinternen Netzinfrastrukturen, den sogenannten Inhouse-Netzen, kommt eine immer wichtigere Rolle beim Zugang der Kunden zu Gigabit-Anschlüssen zu.
Vor diesem Hintergrund entstand auf Initiative der Arbeitsgruppe (AG) Digitale Netze des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Handreichung „Bausteine für Netzinfrastrukturen von Gebäuden“. In den Arbeits- und Projektgruppen der AG Digitale Netze sind Experten der Telekommunikations-, Wohnungs- und Baubranche, Vertreter des Bundes, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände sowie des Gigabitbüros des Bundes vertreten.
Die Unterarbeitsgruppe (UAG) Inhouse hat die Aufgabe zur Erstellung einer Handreichung zu dem Thema von der AG Digitale Netze angenommen. In der Diskussion entschied die UAG Inhouse, die Projektgruppe (PG) Technik zu gründen, in der mit Experten der Wohnungswirtschaft, Netzbetreibern, herstellender Industrie, Installationsunternehmen und des Gigabitbüros des Bundes die Handreichung für das BMVI erstellt werden sollte.
Die Handreichung ergänzt die bereits bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen im TKG um praktische Empfehlungen zur Errichtung von Inhouse-Netzen.
Carsten Engelke, technischer Direktor des ANGA Der Breitbandverband e.V. und Leiter der PG Technik in der UAG Inhouse, erläutert im Gespräch mit dem Gigabitbüro des Bundes zentrale Eckpunkte der neuen Handreichung und beschreibt, wo er die wichtigsten Entwicklungen und Herausforderungen beim Ausbau der Inhouse-Netze sieht.
Was ist die wichtigste Entwicklung in der aktuellen Handreichung des BMVI?
Carsten Engelke: In der aktuellen Handreichung ist es erstmalig gelungen, die verschiedenen VHC-Infrastrukturen (Very High Capacity – Netze mit sehr hoher Kapazität) verständlich darzustellen und den notwendigen Platzbedarf für das Equipment entlang der Versorgungskette in Neubauten aufzuzeigen. Dabei werden die Anforderungen an den Brandschutz nicht nur auf die passive Infrastruktur bezogen, sondern das gesamte Gebäude vor dem Hintergrund der Anforderungen der geplanten VHC-Infrastruktur betrachtet. Es ist insbesondere wichtig, im Gebäude den sinnvollen Versorgungsweg mit den Architekten/Bauherrn eng abzustimmen.
Welche Entscheidungshilfen gibt die Handreichung dem Bauherrn?
Carsten Engelke: Ganz zentral ist die Empfehlung der Handreichung, für die Wahl der richtigen Inhouse-Infrastruktur auf die konkrete Verfügbarkeit von VHC-Netzen außerhalb des Gebäudes abzustellen. In einem einfachen Ablaufdiagram wird dem Bauherrn geholfen, für sein Neubauprojekt die richtige Infrastrukturentscheidung, bezogen auf den Ort des Neubaus, zu treffen. In vielen Bereichen ist der Inhouse-Ausbau mit Glasfaser die erste Priorität. Das wird aber häufig nicht die richtige Lösung sein, etwa dann, wenn auf absehbare Zeit eine Erschließung des Grundstücks mit Glasfaser nicht erfolgen wird.
Was ist die wichtigste Entwicklung im Hinblick auf den Ausbau der Inhouse-Netze in den kommenden Jahren?
Carsten Engelke: Die wichtigste Entwicklung im Ausbau der Inhouse-Netze ist die Steigerung der verfügbaren Bandbreite in den Netzen und die Migration hin zu Glasfaser-Netzen. Dies muss unter Wahrung einer hohen Serviceverfügbarkeit sichergestellt werden.
Welchen Stellenwert nimmt das Thema Inhouse bei der ANGA und den ANGA-Netzbetreibern ein?
Carsten Engelke: Der Inhouse-Bereich ist für die ANGA-Netzbetreiber sehr wichtig, denn nur leistungsstarke Inhouse-Netze garantieren, dass Gigabit-Bandbreiten auch bei den Kunden ankommen. Die ANGA und ihre Netzbetreiber haben fast 50 Jahre Erfahrungen mit dem Ausbau von Inhouse-Netzen und hier immer Innovationen eingebracht. Schon früh haben die ANGA-Netzbetreiber ihren Kunden hohe Bandbreiten für den Internet-Verkehr angeboten – diesen Weg gehen sie konsequent weiter und bieten mittlerweile zu großen Teilen Gigabit-Bandbreiten an. Die Glasfaser spielt dabei eine zentrale Rolle.
Was sind aus Ihrer Sicht die derzeitigen und zukünftigen Herausforderungen beim Ausbau der Inhouse-Netze?
Carsten Engelke: Die derzeitige Herausforderung ist, Neubauten an die Glasfaser-Infrastruktur anzubinden. Dort können Synergien genutzt werden, wenn z.B. Versorgungsnetzbetreiber (Gas/Wasser/Strom) Mikrorohre für Glasfasern mitverlegen. Die Inhouse-Verlegung bei Neubauten gestaltet sich dann relativ einfach, wobei natürlich der Brandschutz nicht aus dem Fokus geraten darf. Bei Bestandsimmobilien gestaltet sich das deutlicher schwieriger, wenn man bei Mietern und Eigentümern um die Akzeptanz des Ausbaus werben muss.
Welche Rolle spielen, gerade auch zukünftig, die verschiedenen Akteure beim Thema Inhouse – also Telekommunikationsunternehmen, Energieversorger, die Wohnungswirtschaft? Kommt Kommunen eine besondere Rolle zu?
Carsten Engelke: Die Akteure müssen zukünftig noch viel enger miteinander innovative Konzepte für den Bereich der Neubauten erarbeiten. Die kommunalen Versorgungsbetriebe sollten bei der Versorgung von Mehrfamilien-Neubauten entlang der Versorgungstrassen entsprechende Mikrorohre verlegen, um einen raschen und finanzierbaren Anschluss der Gebäude an Glasfasernetze zu ermöglichen. Die Wohnungswirtschaft sollte die Installation der Gigabit-Infrastrukturen durch genügend Platz (Betriebsräume, Kabelschächte etc.) unterstützen und so helfen, die Leitungswege innerhalb des Hauses optimal zu gestalten. Die TK-Unternehmen sind hier aufgerufen, frühzeitig ihre Anforderungen mit der Wohnungswirtschaft und den Versorgern abstimmen. Genau hier soll die Handreichung eine Unterstützung liefern, um den interdisziplinären Austausch zu verbessern.
Werden die gebäudeinternen Netzinfrastrukturen in Zukunft einen Engpass im Netz darstellen und wie wäre ein solcher Engpass zu vermeiden?
Carsten Engelke: Die gebäudeinternen Netzinfrastrukturen werden im Bereich der Neubauten jedenfalls dann nicht zu einem Engpass führen, wenn die Handreichung bei der Planung ausreichend berücksichtigt wird. Engpässe können vermieden werden, wenn die Netze grundsätzlich mit Mikrorohr- / Elektroinstallations-Systemen aufgebaut werden. Dort kann bei Bedarf dann die nächste Generation der Verkabelungsinfrastruktur eingebracht werden.
Inhouse-Netze sind derzeit kein Bestandteil der Förderungen für Telekommunikationsnetze. Sollte der Auf- und Ausbau gebäudeinterner Netze in Zukunft stärker gefördert werden? Welche Fördervariante wäre aus Ihrer Sicht am geeignetsten?
Carsten Engelke: Aus Sicht der ANGA-Netzbetreiber wird kein neues Anreizinstrument zum Ausbau von Glasfasernetzen in Gebäuden benötigt. Viel wichtiger wäre es, entsprechenden Investitionen der Gebäudeeigentümer eine angemessene Planbarkeit und Sicherheit bei der Refinanzierung zur Seite zu stellen.
Welche Empfehlungen haben Sie an die Wohnungswirtschaft oder Gebäudeeigentümer im Hinblick auf die Netzausstattung ihrer Gebäude?
Carsten Engelke: Hierzu verweisen wir auf die Handreichung und die dort formulierten Entscheidungshilfen.